WANDERING, A ROHINGYA STORY

Hier ist ein Ort jenseits von Raum und Zeit“ sagt Kalam, der die Zuschauer durch das größte Flüchtlingslager der Welt in Bangladesch führt. Seine poetischen Worte bilden das Gerüst dieses Films. 600.000 Rohingya leben in dieser Stadt dicht an dicht, mit Hilfsgütern notdürftig versorgt, schon seit Jahren. Wenn es regnet, werden die Wege zu Bächen, man watet durch Schlamm, nur die Kinder und Jugendlichen spielen dennoch hingebungsvoll Fußball in all dem Matsch. Und bei Wind lassen sie Drachen steigen. Keiner darf das Lager verlassen. Der Blick der Kamera wird ständig durch Gitter aller Art versperrt, doch sie findet Wege in die Hütten und weiß die Menschen in schönstem Licht zu zeigen. Umso krasser der Gegensatz zu ihren Berichten von Vertreibung, Mord und Vergewaltigung. Die Kamera ruht auf Gesichtern, auf den Alltagsgesten, eine Schwangere näht ein Kleid, die Mutter kämmt die schwarz-glänzenden Haare der Tochter. Eine Hütte wird gebaut, die Hühner gefüttert. Das Leben geht auch im Stillstand weiter. Kalam will nur Freiheit, und dass die Welt erfährt von dieser Tragödie. 

Olivier Higgins und Mélanie Carrier sind Filmregisseure und Produzenten aus Quebec, Kanada. Im Kontext dieses Films entstand auch die multidisziplinäre Ausstellung “Wandering, a Rohingya Story” die im Nationalmuseum der Schönen Künste von Quebec (MNBAQ) zu sehen ist. 

Regie: Olivier Higgins, Mélanie Carrier
Kamera: Renaud Philippe, Olivier Higgins
Montage: Olivier Higgins, Amélie Labrèche
Produktion: möfilms
Verleih: SPIRA, Québec

RECLAMATION

RECLAMATION ist ein Dokumentarfilm über eine postdystopische Zukunft in Kanada nach massiven Klimaveränderungen, Kriegen, Umweltverschmutzung und den Nachwirkungen einer groß angelegten Kolonialisierung, die das Land zerstört hat. Als die indigene Bevölkerung nach einem massiven Exodus hauptsächlich der privilegierten weißen Siedler, die auf den Mars gezogen sind, zurückbleibt, versuchen die ursprünglichen Bewohner dieses Landes, den schönen Planeten, zu dem sie gehören, wiederherzustellen und zu erhalten.

Dieser Film wird gleichzeitig im Conflictorium als Teil unserer #Junction_Ahmedabad gezeigt, gefolgt von einer gemeinsamen Diskussion.

TJ Cuthand wuchs in Saskatoon, Saskatchewan, auf. Er macht Filme über Sexualität, Wahnsinn, Queer-Identität und -Liebe, Gender und Indigenität, die auf internationalen Festivals gezeigt wurden. Seine Arbeiten wurden in Galerien wie dem MOMA in New York, der National Gallery in Ottawa und dem Walker Art Center in Minneapolis ausgestellt. Er schloss 2005 seinen BFA in Film und Video an der Emily Carr University of Art and Design und 2015 seinen Master of Arts in Medienproduktion an der Toronto Metropolitan University ab. Er ist bei Live At The End Of The Century in Vancouver, im Queer City Cinema’s Performatorium in Regina und bei 7a*11d in Toronto aufgetreten. Er ist ein Künstler der Whitney Biennale 2019. Er hat Plains Cree und schottische Wurzeln, ist Mitglied der Little Pine First Nation und wohnt derzeit in Toronto, Kanada. Er prägte auch das Wort Indigiqueer.

IN THE GARDEN OF FORKING PATHS (Excerpt)

Kurz bevor die Bedingungen auf dem Planeten Erde für menschliches Leben unmöglich wurden, erhielt eine kleine Gruppe von Kindern eine Botschaft aus einer fernen Galaxie: die Bitte einer alten Zivilisation um Aufzeichnungen, die das Leben auf dem Planeten Erde beschreiben. Dieser Film entstand aus dem, was aus ihren Notizen übrig blieb. 

Dieser Film wird gleichzeitig im Conflictorium als Teil unserer #Junction_Ahmedabad gezeigt, gefolgt von einer gemeinsamen Diskussion.

Simone Rapisarda Casanova, geboren und aufgewachsen im ländlichen Sizilien, war früher Informatiker, bevor er Filmemacher wurde. Sein erster Spielfilm THE STRAWBERRY TREE wurde von Film Comment als einer der 50 besten unveröffentlichten Filme des Jahres 2012 ausgezeichnet. Für seinen zweiten Spielfilm THE CREATION OF MEANING wurde er 2014 in Locarno u.a. mit dem Best Emerging Director Award ausgezeichnet. Derzeit unterrichtet er Film an der Simon Fraser University’s School for the Contemporary Arts in Vancouver, Kanada. 

Dara Culhane ist eines der Gründungsmitglieder des berühmten Centre for Imaginative Ethnography und lehrt Anthropologie an der Simon Fraser University. Ihre Arbeit ist inspiriert von Praktiken der sinnlichen, kreativen und fantasievollen Ethnografie. Als assoziierte Lehrerin von Fitzmaurice Voicework. ist ihre Forschung und Pädagogik von der Faszination für Stimme und mündliche/aurale Performance geprägt.

Directors, Script: Simone Rapisarda Casanova, Dara Culhane
Production: Ibidem Films

MUSIC, SOUND, NOISE

Eine mahnende Geschichte über die endlose Verflechtung von Informationsaustausch, sozialen Medien, Bedeutung und täglichem Leben, aber auch eine Satire auf den Anthropologen als Kolonisator des Wissens. Dr. Carlos Popper, ein positivistischer Ethnograf, beginnt, das Verschwinden der Menschen in der totalen virtuellen Realität zu untersuchen (der Film wurde im Sommer 2020 gedreht). Auf seiner Reise begegnet er Mr. Noise, der die Sehnsucht nach dem Virtuellen verkörpert und versucht, Popper zu sich zu locken. Mr. Sound dagegen repräsentiert die Liminarität zwischen dem Virtuellen und dem Physischen und möchte Popper retten. 

Jared Epp ist Doktorand in Sozialanthropologie an der Carleton University in Ottawa, Kanada. Seine Forschung konzentriert sich auf die Überschneidung von Ort, Imagination und Prekarität in einem kanadischen städtischen Kontext. Zurzeit lebt er in Edmonton, Kanada, wo er seine Dissertation abschließt und als Community Arts Facilitator mit Menschen arbeitet, die ohne Wohnung und/oder mit einer Kombination aus psychischen Problemen und Suchtproblemen leben. 

Regie, Montage: Jared Epp
Kamera: Jared Epp, Isaac Giles

ZAGROS

Dieser Film beschreibt die Entstehung eines Kunstwerks in all ihren staunenswerten einzelnen Arbeitsschritten. Wir sind in den westlichen Bergen des Iran, dem Land der Bakhtiaris. Wolle ist der rote Faden, der sich durch die nomadischen und sesshaften Kulturen zieht und die Welten der Weber, Färber und Hirten miteinander verbindet. Die Teppiche bilden das soziale Gewebe ihres Lebens, geben ihm Form und Farbe. Aus der Granatapfelfrucht, deren Kerne in mühsamer Handarbeit aus der Schale gelöst und getrocknet werden, entsteht einer der natürlichen Farbstoffe. Und dann versinken die schweren Wollberge in dampfenden Farbbottichen und der Färber enthüllt die Geheimnisse seines schweißtreibenden Handwerks nicht. Wer für Teppiche bisher wenig Enthusiasmus entwickeln konnte, der wird hier vielleicht ihre Schönheit entdecken – und die Hochachtung vor einer nachhaltigen Hirtenkultur, aus der sie entstammen.

Best Canadian short or medium-length film, Montréal Int. Documentary Festival (RIDM) 2018

Ariane Lorrain ist eine iranisch-kanadische Dokumentarfilmemacherin in Montréal, wo sie Film studierte an der Mel Hoppenheim School of Cinema. Ihr Kurzfilm BETWEEN THE GARDEN AND THE SEA (2016) lief auf einigen internationalen Festivals. 2018 war sie eine von sieben FilmemacherInnen bei dem Omnibus-Konzertfilm THE SEVEN LAST WORDS. Sie arbeitet auch als Kamerafrau und gründete 2014 die Laborkooperative Le Trou noir als Treffpunkt und Studio für Freunde des Analogfilms.

Shahab Mihandoust wurde in Teheran geboren kurz nach der Revolution 1979. Anfang der 2000er Jahre ging er als Student der Computerwissenschaft nach Montréal. Nach dem Abschluss beginnt er ein Filmstudium an der Mel Hoppenheim School of Cinema. Sein halblanger Dokumentaressay MISLEADING INNOCENCE (2014, script: Francesco Garutti) befasst sich mit den Brücken der Zufahrtstraßen nach Long Island, die extra niedrig gebaut wurden, damit nur wohlhabende Pkw-Besitzer an die Strände fahren konnten. In Spiel- oder Dokumentarfilmen untersucht Mihandoust, wie soziales und kulturelles Verhalten auf Umwelt und Landschaft bezogen ist.

Regie, Montage, Produktion: Ariane Lorrain, Shahab Mihandoust
Kamera: Ariane Lorrain
Ton: Shahab Mihandoust
Musik: Farshad Poorhosseini, Hojat Poolani
Sounddesign: Benoît Dame
Verleih: Les Films du 3 Mars, Montréal, Clotilde Vatrinet distribution@f3m.ca

 

 

 

CANADIAN ARCTIC EXPEDITION

In diesem frühen “First Contact”-Dokument des ethnographischen Films nahm Wilkins bei einer Expedition in die Arktis Nordkanadas Bilder aus dem Alltagsleben der Inuit auf. Die Mitglieder des Expeditionsteams sind mit ihren Arbeiten in die Montage des Films mit einbezogen. Männer werden beim Beladen eines Hundeschlittens, beim Anbinden der Schlittenhunde, beim Aufbau eines Zeltes und bei der Jagd gezeigt. Aufnahmen von Arbeiten im Haushalt und der alltägliche Umgang mit den Kindern geben Einblick in das Leben der Frauen.

THE LAST DAYS OF OKAK

Heute sind die Ruinen des Dorfes Okak mit Gras überwachsen. Im November 1918 kam ein Schiff mit Missionaren, wiezwei Mal im Jahr, um den Hafen mit neuen Versorgungsgütern zu beliefern -jedes Mal der Anlassfür ein großes Fest. Diese Feier währte nur kurz, denn das Schiff brachte auch die spanische Grippe mit sich und zog eine totbringende Epedemie nach sich, die den Beginn des Niedergangs des Inuit-Dorfes markierte: Archivmaterial und Interwievs mit vier überlebenden Frauen erzählen Geschichten des Überlebens und Sterbensaus Okak.

THE SIRENIKI CHRONICLE

Ein kleines Dorf der Yupik-Inuit im östlichen Sibirien: wenige Holzhäuser, eine Schule, ein Krämergeschäft, das Gemeinschaftshaus sowie ein zentral gelegenes Verwaltungsgebäude. Wale und Walrösser ziehen durch die Bucht von Sireniki, in der sie mit Gewehren gejagt werden. Auch heute noch sind die traditionellen Boote aus Häuten in Gebrauch. Jedoch werden alle ökonomischen Angelegenheiten durch die örtliche Kolchose verwaltet. Insbesonders alle wichtigen Ämter im Dorf sind mit Nichteinheimischen besetzt.

Die ersten Szenen des Films zeigen die Beerdigung einer alten Frau, eine der ehemals führenden Persönlichkeiten der Kommunisten Partei unter den Yupik. THE SIRENIKI CHRONICLE-schildert das Alltagleben im Dorf. Die radikale und für die lnuit schmerzliche Russifizierung der vergangenen vierzig Jahre und die jüngsten Einflüsse aus dem amerikanischen Alaska nach der Perestroika konkurrieren nun mit den Resten der traditionellen Yupik-Kultur. Der Film liefert einen Überblick über die zeitgenössische Lebensweise dieser einheimischen sibirischen Gemeinschaft, wie sie von dem Regisseur und Ethnologen Asen Balikci wahrgenommen wird. Der historische Hintergrund wird durch umfangreiches Archivmaterial aus der Zeit um die Jahrhundertwende dokumentiert.

Asen Balikci ist Ethnologe und Filmemacher. Er lehrt an der University of Montreal in Kanada als Professor für ‘Social Anthropology’, gleichzeitig ist er Chairman der IUAES, der ‘International Commission for Visual Anthropology’. Er ist bulgarischer Herkunft, vollzog seine Schulausbildung in der Schweiz und studierte in den USA. Neben seinen Feldaufenthalten in der Arktis, forschte Balikci auch in Afghanistan, Äthiopien und Bulgarien.

THE NETSILIK ESKIMO SERIES

Mit der Filmserie über die Netsilik Eskimo in Kanada wurde in den 60er und 70er Jahren ein groß angelegtes Filmprojekt realisiert: Es galt das Leben einer Inuit-Gesellschaft möglichst geschlossen und unabhängig von Akkulturationserscheinungen als Lehrmaterial für den Einsatz an Schulen filmisch darzustellen Für die Arbeit an dem Filmprojekt wurden teilweise Szenen rekonstruiert. 1978 wurde die Serie mit insgesamt 21 Filmen abgeschlossen. Heute gilt die Netsilik-Serie ais eine der bekanntesten Dokumente über die Inuit, zuletzt auch deshalb, weil sie über das Fernsehen eine weltweite Verbreitung gefunden hat. Drei Filme sollen hier beispielhaft Einblick die Arbeitsweise des Ethnologen Äsen Balikci und des Regisseurs Quentin Brown geben.

THE NETSILIK ESKIMO TODAY (18 Min.)
Mehr als zehn Jahre nach den Dreharbeiten (1963-65), sucht das Filmteam noch einmal die Netsilik auf.

AT THE AUTUMN RIVER CAMP Teil I (26 Min.)
Es ist später Herbst und die Inuit fahren mit ihren Schlitten durch den niedrigen Schnee. Am Ufer des Flusses konstruieren sie “Karmaks” - Behausungen mit Schneewänden und einem Dach aus Häuten. Die Männer bauen Spielzeug für die Kinder aus dem Kieferknochen eines Karibus und fischen mit ihren Speeren im Eismeer. Die Frauen sammeln Moosflechten als Brennmaterial für das Feuer in dem der Fisch später zubereitet wird. Die Familie ißt zusammen in dem Karmak.

AT THE AUTUMN RIVER CAMP Teil II (33 Min.)
Die Männer bauen einen Iglu aus Eis und anschließend wird der Hausrat in der neuen Behausung verstaut. Sie beginnen mit dem komplizierten Zusammenbau eines Schlittens. Dazu verwenden sie Zelthäute, gefrorene Fische, Karibu-Geweihstangen und Lederriemen aus Seehundhaut. Unterdessen nähen die Frauen einen Parka aus Karibuhäuten zusammen. Als der Schlitten fertiggestellt ist, wird er beladen und die Familie bricht flußabwärts zur Küste auf.

Asen Balikci ist Ethnologe und Filmemacher. Er lehrt an der University of Montreal in Kanada als Professor für ‘Social Anthropology’, gleichzeitig ist er Chairman der IUAES, der ‘International Commission for Visual Anthropology’. Er ist bulgarischer Herkunft, vollzog seine Schulausbildung in der Schweiz und studierte in den USA. Neben seinen Feldaufenthalten in der Arktis, forschte Balikci auch in Afghanistan, Äthiopien und Bulgarien.

QUATRE FEMMES D’EGYPTE

Vier ägyptische Frauen wagen es, den Begriff Toleranz neu zu definieren. Alle vier sind Freundinnen, die das gleiche Ziel vor Augen haben: die menschliche Würde. Sie sind erfüllt von der Liebe zu ihrem Land: Sie haben alle noch Erinnerungen an die Herrschaft von König Faruk, hofften auf tiefgreifende Änderungen nach der Revolution von Nasser und kämpfen seitdem für soziale Gerechtigkeit. Doch ihre jeweilige Identität hat sich im Rhythmus der Geschichte entwickelt, und jede von ihnen beschreitet heute einen anderen Weg. Islamischen, christlichen Glaubens oder frei von jeder religiösen Bindung stehen sie sich in ihren unterschiedlichen Überzeugungen wie Antipoden gegenüber. Hier treffen die Vorstellung von einem konfessionsgebundenen, einem sozialistischen oder einem islamistischen Staat aufeinander. Doch die vier Frauen weigern sich, einander zu verteufeln. Sie wagen stattdessen, einander zu beurteilen und sich persönlich ihre Meinung zu sagen. Und sie können sogar über sich lachen. 

»Wie ist der Film entstanden? Ich kannte Amina bereits seit 1980, als ich für eine Filmrecherche in Ägypten war. Seitdem pflegten wir unsere Freundschaft. Aber ich dachte nicht von Anfang an daran, einen Film mit ihr zu drehen. Ich wollte wissen, wie die Leute innerhalb der Familie mit ihren religiösen und politischen Meinungsverschiedenheiten umgehen. Amina meinte dann, es wäre auch interessant, diese Frage in Bezug auf Freundschaften zu stellen, also wie Freundschaften sich trotz der Differenzen halten können. Ich traf eine Gruppe von befreundeten Männern, die sich aus Studentenzeiten kennen; 20 Jahre später haben sie sich verändert, einer leitet die wichtigste islamistische Zeitung, ein anderer ist Dichter, ein anderer Verleger, einer ist überzeugter Neoliberalist. Sie führten heftige Auseinandersetzungen, aber ausschließlich auf ideologischer Ebene. Das fand ich nicht sehr interessant. Dann telefonierte ich wie jeden Tag wieder mal mit Amina und beklagte mich, daß aus dem Filmprojekt wohl nichts werde; daraufhin lud sie mich ein, ihre Freundinnen zu treffen und so entwickelte sich dann der Film. Die Frauen schaffen immer wieder diese Verbindung zwischen dem Privaten und dem Politischen, dem Individuum und dem Kollektiv. Und wenn eine Frau dann den Film dreht, ist sie diesen Aspekten gegenüber wahrscheinlich auch viel aufgeschlossener.

Es kommt auf den Blick an, mit dem man die Realität betrachtet; Politik, Geschichte ist nicht etwas, das außerhalb von uns abläuft. Jede ist Teil davon, die Frauen haben die Geschichte mitgeprägt, selbst wenn sie nur auf dem Balkon standen und auf Nasser heruntergeschaut haben. Die Zeit unter Nasser war für die Frauen, meine und die vorherige Generation, im Nahen Osten sehr wichtig. Nasser war ein Mythos. Er bedeutete Hoffnung und Scheitern zugleich. 

Mich interessiert, was mit den Leuten danach passiert ist, was aus ihren Träumen, ihrem Engagement für Gerechtigkeit wurde. Was mich an Ägypten immer wieder beeindruckt ist, daß die Identität der Bewohner nicht in politische, soziale, nationale, individuelle Einzelteile aufgesplittet ist. Im Gegensatz zu dem sehr individuell geprägten Selbstverständnis, wie es in der westlichen oder nordamerikanischen Kultur üblich ist. Sich als Teil der Gesellschaft zu empfinden, gibt den Frauen in meinem Film viel Kraft. Im Westen bist du Teil einer Freundesgruppe, die an bestimmte Dinge glaubt, 10 Jahre später aber in ganz anderen Zusammenhängen steht. In Ägypten haben die Frauen das Gefühl, sie sind Teil eines Landes, dessen Geschichte. 

Ich denke nicht, daß ich diesen Film auch schon vor 10 Jahren hätte machen wollen. Vielleicht schien es nicht so notwendig wie heute zu sein, offen zu bleiben, zuzuhören. Im Westen ist ein Islamist wie der Teufel, ein Feind, jemand, mit dem man von vornherein nicht diskutieren kann. Als der Film in Quebec herauskam, sagten mir Leute, wie großartig die Frauen seien, daß sie weiter miteinander reden, auch wenn sie so unterschiedlich sind. Und sie fragten sich, ob sie das in der kanadischen Gesellschaft nicht auch genauso machen sollten? Es ist also eine Frage, die uns alle und überall betrifft. 

In Ägypten wurde der Film beim Festival in Kairo gezeigt und seitdem kursieren überall Kopien. Die Leute reagierten sehr positiv: Es ist, als ob ich Aspekte der ägyptischen Realität gezeigt hätte, die die Leute normalerweise nicht sehen, und das bewegte sie sehr. Ich habe keinen rosa Blick, aber der Film zeigt auch die Hoffnung, die Energie der Frauen; Ägypten befindet sich nicht nur in einer katastrophalen Situation, sondern es gibt auch diese Frauen. Der Geist der Freundschaft ist wunderbar. Wenn es diese Frauen gibt, wird es auch andere geben.«
(Tahani Rached)

The Protagonists
Amina Rachid is a professor of comparative literature at the University of Cairo. A leftist militant and a non-practising moslem since her youth, she worked for a decade at the national research centre in Paris (CNRS) and returned to Egypt at the end of the 70s. She is editor-in-chief for ‘Nour’, a literary journal devoted to the work of Arab women.

Safynaz Kazem left Egypt in 1961 to study in the United States of America and stayed for 5 years. A devoted Moslem who wears the veil and advocates the strict application of Sharia (Islamic law). She works as a writer, theatre critic and journalist. Recently, she published an essay on the roots of her writing.

Shahenda Maklad is a leader of the agrarian revolution and the struggle for peasants’ rights following the assassination of her husband, whom she succeeded. A practising Muslim, she has run for election three times.

Wedad Mitry is a retired teacher, trade-unionist and campaigns for the rights of women. She was particularly active in the fight for the right of women to vote. She is a practising Copt.

Tahani Rached wurde 1947 in Kairo geboren und studierte zwei Jahre an der Kunsthochschule in Montréal, bevor sie in verschiedenen Gemeindeorganisationen arbeitete. Seit 1973 hat sie über 20 Dokumentarfilme gedreht. Seit 1981 arbeitet sie für den National Film Board of Canada.
Filme u.a.: LES FRERES ENNEMIS (1979); BEYROUTH! A DEFAUT D’ ETRE MORT (1983); HAITI. QUEBEC (1985); MEDECINS DE COEUR (1993)