DOR (LONGING)

DOR (LONGING) zeigt Momente der Begegnung zwischen einigen sehr bodenständigen Charakteren, den jungen in der Gegend beheimateten Hirten - und einer Person, die sich in einem Moment des Schwebens und des Übergangs befindet; der junge Stefan Gota. Stefan ist ziemlich verloren, aber auch auf der Suche nach etwas. Offenbar ist er nach einem Aufenthalt in Belgien nach Rumänien zurückgekehrt, um ein neues Leben als Hirte zu beginnen. Stefan und die örtlichen Hirten sind sehr unterschiedliche Menschen, aber sie finden Wege, miteinander in Beziehung zu treten. Während Stefan zugleich Tattoowierer und Graffitikünstler ist und seine Spuren mitten im Nirgendwo anbringt, helfen ihm die jungen Hirten, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. 

Dieser mittellange Film mag manchen Zuschauendem langsam vorkommen, weil er nicht einer ganz bestimmten Geschichte mit einem konventionellen roten Faden folgt. Doch genau das ist die Stärke dieses Films. DOR (LONGING) vermittelt durch Tempo, Rhythmus, Sounddesign und die träumerisch-melancholischen Bilder eine starke, immersive Atmosphäre. DOR (LONGING) ist ein eindrucksvoller Film. Denn er weckt Emotionen und bringt uns den Protagonisten nahe, während er gleichzeitig viel Raum zum Staunen und Nachdenken bietet, indem er uns auch im Dunkeln lässt und nicht alles offenbart. 

(Thomas John) 

LOBI KUNA

Der Fotograf Mekhar Kiyoso ist für ein Shooting im Afrika-Museum in Belgien. Doch die aufgenommenen Bildern verstören; makabre Erinnerungen tauchen auf, ist dies ein Mausoleum seines kulturellen Erbes? Besessen von den Artefakten im Museum, überwältigt ihn zugleich ein Gefühl der Entfremdung. Dieser kraftvolle und geheimnisvolle Film bewegt sich zwischen Fiktion und Realität, Kolonialismus und Museologie und wirft Fragen über Aneignung und kulturelle Identität auf. Die Zuschauer gehen auf eine Reise von der Tradition zur Moderne bis zum Futurismus. (lefifa.com) 

Dieser Film wird gleichzeitig im Unseen als Teil unserer #Junction_Nairobi gezeigt, gefolgt von einer gemeinsamen Diskussion.

Matthias De Groof, 1981 in Belgien geboren, ist Filmemacher und Wissenschaftler. Derzeit ist er Fakultätsmitglied an der Universität Amsterdam. Seine preisgekrönten Filme LOBI KUNA und PALIMPSEST OF THE AFRICA MUSEUM (2019) wurden u. a. auf der IFFR, Le FIFA und der Berlinale ausgewählt. Er gab ein Buch über “Lumumba in the Arts” (2020) heraus, das es in die Top-100 der “Bücher, die den Nachrichten entkommen” schaffte. Er war Stipendiat an der New York University’s Tisch School of the Arts und der Waseda University in Tokio.  

Regie: Matthias De Groof
Buch: Mehkar Azari Kiyoso, Matthias De Groof
Key Cast: Mekhar Azari Kiyoso

WHEN SLEEP ENFOLDED HER

Fast Vollmond in einer trockenen Berglandschaft. Eine junge Frau wandert auf steinigen Pfaden, gelangt in ein ausgetrocknetes Flussbett. Mit ihrem letzten Wasser gießt sie eine Pflanze. Sie ist eins mit ihrer Stille. Als der Schlaf sie auf der ausgedörrten Erde einhüllt, erwacht sie wie im Traum zuhause. Dort beginnt ihr Tanz.  

Ein Porträt einer jungen Frau auf der Suche nach Zärtlichkeit in einer unwirtlichen Umgebung. Ein täuschend einfacher, choreografierter Tanz, gedreht im Herzen einer von der Dürre bedrohten Oase.   

Dieser Film wird gleichzeitig im Conflictorium als Teil unserer #Junction_Ahmedabad gezeigt, gefolgt von einer gemeinsamen Diskussion.

Grégoire Verbeke, geboren 1987, ist Filmemacher und Fotograf. Sein erster Kurzdokumentarfilm MOUNTAIN wurde beim Sheffield Doc Fest 2018 und Palm Springs Shortfest 2019 gezeigt. I FEEL YOUR EYES, sein zweiter Kurzfilm, hatte seine Premiere bei DOK Leipzig 2019. 

Amina Abouelghar, geboren 1997, ist Tänzerin, Choreografin, Tanz- und Yogalehrerin und lebt in Kairo. Abouelghar hat Tanzstücke wie Nafaq 2: Under Construction, We Are Coming Back After Everybody, This Gaze, Those Eyes choreografiert. Ihre Arbeit umfasst verschiedene Elemente wie Tanz, Ausdruck und Körperlichkeit. 

Regie, Produktion: Grégoire Verbeke, Amina Abouelghar
Choreografiert und performed von Amina Abouelghar

SHOWER POWER

Fünf Jahre lang kämpft die Bürgerinitiative DoucheFLUX dafür, ein Gebäude zu finden, zu finanzieren und zu sanieren, wo die am meisten Benachteiligten der Stadt sich duschen und wo sie ärztliche Hilfe bekommen können; kurz: wo ihnen ihre Würde zurückgegeben wird. Konfrontiert mit der politischen Realität der Stadt, entwickelt sich ihr Unterfangen zu einem wahren Thriller. Das Selbstbildnis der Stadtoberen will nicht, dass die Armut in der Bevölkerung im Alltag sichtbar wird. Zum Ende aber obsiegt die Zivilcourage über Brüsseler Bürokratie und Phantasie über politische Blockaden.

Effi Weiss, geb. 1971, Amir Borenstein, geb. 1969, beide in Israel. Nach einem Kunststudium in Jerusalem machen sie 2004 ihr MFA am Sandberg Institut, Amsterdam. Seit 1998 arbeitet das Künstlerduo interdisziplinär mit Video, Foto, Installation, Performance und oftmals partizipativen Projekten. Nach DEUX FOIS LE MEME FLEUVE (2013), ist SOUS LA DOUCHE, LE CIEL ihr zweiter langer Dokumentarfilm. Es folgte inzwischen die Doku-Fiction CHANCE (2020). www.effiandamir.net

Buch, Regie, Kamera: Effi Weiss, Amir Borenstein
Montage: Simon Arazi, Effi & Amir
Ton: Fabrice Osinski
Produktion: Centre Vidéo de Bruxelles (CVB), La chose à trois jambes
Verleih: Philippe Cotte, CVB philippe.cotte@cvb.be

MERRY CHRISTMAS, YIWU

Obwohl in China kein Weihnachten gefeiert wird, gibt es im ostchinesichen Yiwu über 600 Fabriken für Weihnachtsdekoration. Fast zwei Drittel aller weltweit verkauften Weihnachtsartikel werden hier hergestellt. Wie am Fließband dekorieren junge Leute aus dem ganzen Land jahrein, jahraus Weihnachtskugeln, sprühen Glitter auf die seltsamsten Dekoartikel oder staffieren Weihnachtsmänner mit Polsterwatte aus. Wer hier arbeitet, verdient vergleichsweise gut, wird vom Betrieb rundum versorgt und die KollegInnen ersetzen die Familie fern von daheim. Hier scheint ein chinesischer Traum wahr zu werden, der die Hoffnung schürt, sich vielleicht sogar irgendwann selbständig machen zu können.

Ohne Wertung folgt die Kamera den jungen ArbeiterInnen in dieser künstlich, surrealen Welt; nur der Betrachter fragt sich, wie lange - oder ob - wir uns diesen Wunsch nach massenhaftem kurzweiligem Vergnügen zu Weihnachten noch leisten können.

Mladen Kovačević, geb. 1979 in Serbien. Er studierte Spielfilmregie in Belgrad, London und Kapstadt, widmete sich später jedoch dem Dokumentarfilm. Seine Filme erzielten mehrfach Auszeichnungen auf internationalen Festivals. UNPLUGGED (2013) behandelt die serbische Tradition des Musizierens mit Blättern. WALL OF DEATH, AND ALL THAT (2016) porträtiert das Nomadenleben einer Motorrad-Artistin. Das essayistische Bergsteigerporträt 4 YEARS IN 10 MINUTES (2018) gewann u.a. eine Special Mention der Visions du Réel und war IDFA Best of Fests. MERRY CHRISTMAS YIWU war 2017 ein Eurodoc Projekt und wurde in Koproduktion mit Arte und dem Doha Film Institut hergestellt.

Regie: Mladen Kovačević
Kamera: Marko Milovanović
Montage: Jelena Maksimović
Musik: Olof Dreijer
Sounddesign: Patrik Strömdahl
Produktion: Horopter Film Production
Verleih: Hanne Biermann info@deckert-distribution.com

Faire-Part

Am Vorabend der verschobenen Wahlen arbeiten zwei kongolesische und zwei belgische Filmemacher an einem Film über die kongolesische Hauptstadt Kinshasa und deren Widerstand gegen das koloniale Erbe. Die vier Filmemacher wollen zusammen eine Geschichte erzählen, aber, aufgewachsen auf verschiedenen Seiten der Geschichte, haben sie unterschiedliche Ansichten darüber, wie sie sie erzählen wollen. Wie soll die Geschichte aussehen? Wer sollte Teil der Geschichte sein? Für wen soll die Geschichte erzählt werden?

I am Golden Karen

Manche sagen der Kampf der Minderheit Karen gegen die Regierung in Myanmar sei der älteste andauernde Krieg unserer Zeit. Seit der Unabhängigkeit des Landes 1948 brachte der Bürgerkrieg in Myanmar mehr als 400.000 Karen dazu, zu fliehen – viele davon ins benachbarte Thailand, wo sie als Bürger zweiter Klasse leben und alltäglich um die nötigen Dokumente und ihre Gleichbehandlung kämpfen müssen. I AM GOLDEN KAREN erzählt die Geschichte von Thawaa, einem jungen Karen-Hip-Hop-Musiker. Thawaa ist Teil einer Generation von Karen, die in Thailand aufwachsen und doch den Wunsch in sich tragen, in „ihr“ Karenland zurückzukehren. Wir folgen ihm, während er immer wieder neu seine Identität(en) aushandelt – als junger Migrant in Bangkok sowie als werdender Vater, konfrontiert mit der Frage von Verantwortung gegenüber seiner Familie und „seinem“ Karenland.

Fatwa

Brahim Nadhour, ein Tunesier, der seit der Trennung von seiner Frau in Frankreich lebt, kehrt nach Tunis zurück, um seinen bei einem Motorradunfall tödlich verunglückten Sohn zu begraben. Er entdeckt, dass der junge Marouane in einer radikal-islamistischen Gruppe aktiv war. Brahim beschließt, die Gründe für seine Radikalisierung herauszufinden und die Menschen zu identifizieren, die ihn indoktriniert haben. Im Verlauf der Recherchen beginnt er, an den Umständen seines Todes zu zweifeln.
Brahims Nachforschungen verdichten sich zu einer Bestandsaufnahme der heutigen tunesischen Gesellschaft. In seinem früheren Viertel trifft er auf viele liberal gesinnte Menschen, die dennoch nur vorsichtig Auskünfte geben, offensichtlich aus Angst vor Verfolgung. Seine Ex-Frau, eine säkular eingestellte Intellektuelle und angesehene Autorin, muss bei öffentlichen Auftritten mit Anschlägen rechnen. Der Film nutzt geschickt die Form des Detektivfilms, wurde sorgfältig mit großer Authentizität inszeniert und z.T. mit Laien besetzt. Man spürt eine Verwandtschaft zu den Filmen der Gebrüder Dardenne, die den Film mitproduzierten.

SUR LE TRACES DU RENARD PALE

Der Film erzählt das intellektuelle Abenteuer des Lebens von Marcel Griaule, dem eigentlichen Begründer ethnographischer Feldforschung in Frankreich, der seine wissenschaftliche Tätigkeit den Dogon zuwandte, seit er sie 1931 zum ersten mal kennenlernte. Griaule machte die Welt mit den außerordentlich komplexen Vorstellungen der Dogon bekannt, die die Ansichten vom ‘primitiven’ Afrika ad absurdum führten. Als er 1956 in Paris starb, erwiesen ihm die Dogon eine außergewöhnliche Ehre: Sie hielten für ihn in Sanga traditionelle Begräbnisfeierlichkeiten ab und bestatteten eine Puppe. Nach dieser Beschwörung der Vergangenheit wendet sich der Film den fortlaufenden wissenschaftlichen Forschungen im Dogongebiet zu. Seit 1937 war Germaine Dieterlen die engste Mitarbeiterin Griaules. Jean Rouch filmte bei den Dogon seit 1951. Wir finden beide im Januar 1983 in Sanga, wo sie einen neuen Film über den Anfang der Welt beginnen.… (M. Friedrichs et aL(Hrsg) 100 ethnographische Filme, München 1985)

MIZIKE MAMA

MIZIKE MAMA ist das Porträt von Marie Daulne, einer jungen Sängerin, deren musikalische Arbeit entscheidend von ihrer halb afrikanischen und halb westlichen Herkunft beeinflußt ist. Marie Daulnes Mutter kommt aus Zaire, während ihr Vater - den sie nie kennenlernte - Europäer ist. In ihrer Musik fügt sie Elemente pygmäischer Musik und der Mangbeta-Musik aus Zaire zusammen mit Einflüssen aus Jazz, Gospel und kubanischer Musik. Sie fügt diesen unterschiedlichen Stilarten verschiedene Stimmen in einer Kombination von Klängen und Rhythmen bei (AI Capeila).

Sie umgibt sich mit Frauen, die ‘ihr ähneln’ und, wie sie selbst, in Europa zur Schule gingen und herrlich singen können: die ‘Zap Mamas’. Ihre Musik lädt die ZuseherInnen und Hörerinnen ein, den Reichtum einer Musik kennenzulernen, die als gelungenes Beispiel einer Vermischung von (Musik)-Kulturen zu sehen ist.