Ein etho-ethnografisches Forschungsprojekt zur Mensch-Tierbeziehung
von Daniel Fetzner und Martin Dornberg
08.-21. Mai 2015 – Ausstellung, Screenings, Workshops im T66 Freiburg
BUZZ ist ein medienökologisches Projekt zur Frage der Umweltbildung bei Insekten und Menschen. Der transdisziplinäre Forschungszyklus untersucht Beobachtungspraktiken und verkörperte Wissensformen und deren Vermittlung in der Interaktion von Wespen, Ameisen, Wissenschaftlern und deren Artefakten.
Ausgehend von einer künstlerisch-ethnografischen Intervention in einem südindischen Insektenlabor im Sommer 2014 tritt das Projekt im Mai 2015 in einer Mischung aus Ausstellung, Filmvorführungen, Performances, Workshops und Vorträgen in eine neue Phase. In der Galerie T66, im Kommunalen Kino und an der Universität Freiburg wird der anthropozentrische Blickwinkel von Wissenschaft und Beobachtung in Frage gestellt.
Die Ethnographie, welche das Eigene durch und mit dem Fremden zu verstehen versucht, wird durch eine Techno-Etho-Ethnographie erweitert.
Umwelt
Lebewesen sind in Umwelten eingebettet und bauen diese durch Handeln und Interaktion mit auf. Welche Wechselwirkungen bestehen zwischen Lebewesen wie Menschen, Tieren und Pflanzen, aber auch zwischen Dingen, technischen Artefakten, Medien? Sind deren Folgewirkungen förderlich, symbiotiform, gleichgültig oder aber toxisch, parasitär? Wir sprechen daher nicht mehr von Gleichgewicht, sondern von parasitären Ökologien.
Anthropozän
Der Begriff des ›Anthropozän‹ meint ein neues Zeitalter der Erdgeschichte: immer mehr vom Menschen gemachte Dinge besiedeln unseren Planeten und erlangen eine eigene Handlungsmächtigkeit. Die mediale, informationelle Überlagerung ist ein wesentlicher Teil dieses Prozesses.
Mensch, Natur und Technik sind füreinander Wirt und potentieller Parasit/Gast zugleich. Der Mensch ist im Maßstab des Planeten klein wie ein Insekt – BUZZ teilt entsprechend dem Kleinen – Insekten, Parasiten, Dingen – eine zentrale Rolle zu. Ethnographie soll zu einer Techno-Etho-Ethnographie erweitert werden. Der Dualismus Mensch-Natur soll überwunden werden, ohne dabei in einen neuen Anthropozentrismus zu verfallen.
Black Box und Beobachtung
Uns interessieren Prozesse der Wissenserzeugung, von Lernen und Lehren. Sachverhalte, Dinge, Lebewesen, aber auch Begriffe oder Kunstprojekte sind nie gänzlich erkennbar, durchsichtig oder eindeutig. Sie und die davon beeinflussten Umwelten sind Black Boxes, die sich ändern können. Immer geht es um Verhältnisbildungen zum ›Fremden‹, um viele Innen und Außen, um Austausch und Mit-Sein gegeneinander Unterschiedlicher.
Techno-Etho-Ethnographie
Der ethnografische Film beforscht spätestens seit Jean Rouch das Beobachterproblem und den Perspektivwechsel in den jeweiligen Umwelten in radikaler Weise. Auch Buzz geht es um Erkundungen des ›Fremden‹ - sei es in fremden Kulturen oder im Eigenen. Ethnographie nutzt Methoden der Gleich-Örtlichkeit und Gleich-Zeitigkeit von Forscher und Beforschtem. Prozesse des ›rein ins Feld‹ (going native) und des ›raus aus dem Feld‹ (coming home), der Distanzierung und Befragung ergänzen einander einerseits und hintertreiben andererseits. Techno-Etho-Ethnographie beforscht, beinhaltet und inszeniert Elemente der Ko-Präsenz und parasitärer Ökologisierungen von Forschern, Beforschtem und von Medien.
VERANSTALTUNGEN
Freitag, 8. Mai, 20:00 Uhr, Galerie T 66
Vernissage, Einführung: Prof. Dr. Raghavendra Gadagkar, Insektenforscher am Indian Institute of Science/Bangalore
Samstag, 9. Mai, 14:00 Uhr, Universität Freiburg, HS 1032
(in englischer Sprache)
14:00 Uhr: Keynote Raghavendra Gadagkar, IISc/Bangalore
»Etho-Ethnography and Observation«
15:45 Uhr: Prof. Stephan Packard, Medienkulturwissenschaft, Universität Freiburg
»Is Donald a Duck?«
Samstag, 9. Mai, 22:00 Uhr, Kommunales Kino Freiburg
Filmvorführung LEVIATHAN von Lucien Castaing-Taylor and Véréna Paravel
Sonntag, 10. Mai, 11:00 Uhr, Galerie im Alten Wiehrebahnhof
Diskussion »Parasitic Media Ecologies« (in englischer Sprache)
Teilnehmer: Prof. Daniel Fetzner, Prof. Dr. Ragahvendra Gadagkar, JunProf. Dr. Stephan Packard, Prof. Dr. Klaus Theweleit (angefragt)
Donnerstag, 21. Mai, 20:00 Uhr, Kommunales Kino
Finissage mit einem Vortrag von Prof. Dr. Niels Werber, Universität Siegen
»Wenn Menschen Ameisen beobachten, die Menschen beobachten. Homöostasen und Störungen in komplexen Gesellschaften«
21:30 Uhr Filmvorführung PHASE IV, von Saul Bass (1974)
In dem Science Fiction beobachten sich Menschen und Ameisen auf Aughöhe. Dabei werden Ameisenforscher zum Herzstück einer anthropologischen Expedition der Ameisen. Im Laufe des Films schreitet die Studie der Ameisen von der Labor- zur Feldforschung, schließlich kommt es zu einer Verschmelzung der beiden Spezies.