“Die Themen sind immer gleich, egal, wo du bist”, sagt Thierry Michel, “Leben und Tod haben überall die gleiche Bedeutung.” Wie aber bewegt sich der Mann mit der Kamera in einer ihm fremden Welt? Wie entschlüsselt er die Zeichen einer fremden Kultur, und vor allem, wie setzt er sie um? Fragen an den belgischen Filmemacher Thierry Michel.
Kurzfilmografie: Seine ersten Filme dreht Michel, im “Pays Noir”, dem Kohlerevier um Charleroi, in dem er aufgewachsen ist. Außerhalb Europas beginnt seine dokumentarische Arbeit mit GOSSES DE RIO und A FLEUR DE TERRE, zwei längeren Dokumentarfilmen, die er 1990 den Straßenkindern der Favelas von Rio widmet. Die Arbeit in der brasilianischen Hauptstadt sollte seine erste filmische Begegnung mit der schwarzen Kultur werden.
Zwei Jahre später geht Michel nach Westafrika und filmt ZAIRE, LE CYCLE DU SERPENT, das schonungslose Portrait des westafrikanischen Landes unter der Diktatur Mobutus, für das er zahlreiche Preise bekommt. Seither ist Thierry Michel immer wieder auf den afrikanischen Kontinent zurückgekehrt.
In Ostafrika dreht er SOMALIE, L’HUMANITAIRE S’EN VA-T-EN GUERRE eine investigative Arbeit über internationale Katastrophenhilfe in einem bewaffneten Konflikt. Zurück nach Zaire wird er schon kurz nach der Einreise verhaftet. Seine Ausrüstung wird beschlagnahmt und Thierry Michel des Landes verwiesen. Der Film LES DERNIERS COLONS sollte die Kultur und die Rolle der ehemaligen Kolonialgesellschaft nach der Befreiung des Landes zum Thema haben. Dank des bereits bei früheren Aufenthalten gedrehten Materials konnte Michel diesen Film dennoch fertig stellen. In seinem folgenden Film NOSTALGIES POST COLONIALES greift er das Thema nochmal auf.
Für DONKA, RADIOSCOPIE D’UN HÔPITAL AFRICAIN geht Michel nach Conakry, Guinea. Sechs Wochen beobachtet er mit der Kamera den Kampf von Ärzten und Patienten in einem typisch afrikanischen Krankenhaus. Sein (vorerst) letzter Film aus Zaire ist die historische Aufarbeitung der Geschichte des Diktators MOBUTU, ROI DU ZAÏRE (freiburger film forum 1999). Danach wechselt Thierry Michel Kultur und Kontinent und reist in den Iran. Dort entsteht sein neuester Film IRAN, SOUS LE VOILE DES APPARENCES.
Mike Schlömer