IN HET HUIS VAN MIJN VADER

Im Haus meines Vaters

Fatima Jebli Ouazzani
Niederlande 1997 | 67 Min. | 35 mm, OmeU

»In unserer islamischen Gesellschaft zahlt immer die Frau den Preis – warum?« 

Mit diesen Worten bringt eine junge Marokkanerin in einer Debatte über Sexualität die bis heute ungebrochenen patriarchalischen Geschlechterverhältnisse in ihrer Heimat auf den Punkt. Dies ist auch Thema dieser sehr persönlichen, nachdenklich-engagierten Recherche über die Familiengeschichte der Regisseurin Fatima Jebli Ouazzani. Im Gespräch mit ihr, bekennt deren Großvater ebenso aufgebracht wie freimütig: »Eine entjungferte Frau ist wie ein Cous-Cous von gestern.« Wie er, der seine Tochter mit 14 verheiratete, denken auch heute noch viele Marokkaner, die selbstverständlich davon ausgehen, daß eine Frau nur jungfräulich in die Ehe gehen darf. 

Die Regisseurin geht in ihrem Film dem Mythos des Hymens auf den Grund. Im Alter von elf Jahren kam Fatima Jebli Ouazzani mit ihren Eltern nach Holland. Sieben Jahre später verließ ihr Vater seine Mutter, um ein 17-jähriges marokkanisches Mädchen zu heiraten. Um dem Schicksal ihrer Mutter zu entgehen, verließ Fatima im Alter von 18 Jahren das Haus ihres Vaters. Heute lebt sie unverheiratet und kinderlos als Filmemacherin in den Niederlanden. Ihr Film dokumentiert neben den Gesprächen mit ihren Großeltern eine traditionelle marokkanische Hochzeit, deren Ritualen sich auch emanzipierte Frauen, die schon lange im Ausland leben, noch unterwerfen. In inszenierten Sequenzen erinnert sie sich immer wieder an ihren Vater, der sie bedingungslos liebte bis sie ins heiratsfähige Alter kam, und zu dem sie heute wieder Kontakt sucht.

Fatima Jebli Ouazzani zum autobiographischen Charakter ihres Films:

»Der Film erzählt eine Geschichte, die für mich sehr persönlich ist, und die mir sehr viel abverlangt hat. Zuerst wollte ich meine Geschichte durch andere Frauen – jung und alt – erzählen lassen. Als die Sache konkret wurde, zogen sich die Frauen plötzlich zurück, also beschloß ich, den Film auf mich zu beziehen. Dabei kam eine Selbstentblößung heraus, und ich mußte meinen Großeltern schmerzhafte Fragen stellen. Ich lebte mit dem Risiko der Beschuldigung, meine Familie zu betrügen.«

Fatima Jebli Ouazzani wurde 1959 in Marroko geboren. 1970 kam sie mit ihren Eltern nach Holland. Nach einem Psychologiestudium arbeitete sie als freie Journalistin für das holländische Fernsehen und Radio. 1992 beendete sie ihr Studium an der Dutch Film School in Amsterdam als Regisseurin und Drehbuchautorin. Filme: THE HYMEN (1987); HET DODE VLEES (1990); THE LITTLE HELENE (1992); VOORBIJ DE JAREN VAN ONSCHULD (1993)