PANELGESPRÄCH: REMEMBERING SUDAN

REMEMBERING SUDAN

Mit dem Panel in der Sonntagsmatinee möchten wir diese Reihe zur Situation im Sudan vertiefen. Als Gast begrüßen wir Aya El Sammani, sie floh im vergangenen Jahr aus Khartum nach Berlin. In ihrem Buchprojekt OUR COLLECTIVE FRAGILE MEMORY sammelte sie Momente und Lebenswege von Menschen aus dem Sudan. Teilnehmen wird ebenso Roman Deckert, der Sudan-Analyst arbeitet seit mehr als 25 Jahren zum Sudan und ist derzeit für die Berliner Nichtregierungsorganisation MiCT - Media in Cooperation and Transition - tätig. Dritter Teilnehmer auf dem Podium ist Talal Afifi, geboren 1976 in Hamburg. Er ist ein Filmkurator und Produzent, u.a. von KHARTOUM, Direktor der Sudan Film Factory in Khartum, sowie des Sudan Independent Film Festival. Afifi hilft seit 2009 bei der Ausbildung einer neuen Generation sudanesischer Filmschaffender. Moderation: Carsten Stark

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Erst seit kurzem findet der Konflikt im Sudan wieder verstärkt Beachtung in der Weltpresse. Tatsächlich geht der Krieg zwischen General Abdel-Fattah Burhan von den sudanesischen Streitkräften SAF und General Mohamed Hamdan Dagalo, Chef der paramilitärischen Schnellen Eingreiftruppe RSF, bereits in sein drittes Jahr – mit verheerenden Folgen für die Bevölkerung: 13 Millionen Menschen, etwa ein Viertel der Bevölkerung, sind laut UN vertrieben worden und fliehen in die gesamte Region, 25 Millionen leiden unter akutem Hunger. Schätzungen gehen von 60 000 bis 150 000 Todesopfern sowohl durch direkte Gewalt als auch durch Hunger und Krankheiten als direkte Kriegsfolgen aus.

Unter dem Titel SUDAN, REMEMBER US möchten wir die Aufmerksamkeit auf diesen nahezu vergessenen, einige sagen: ignorierten Konflikt lenken, der mit der Absetzung des langjährigen Machthabers Al-Bashir im April 2019 begann. Die damalige Forderung der Bevölkerung nach der Einsetzung einer zivilen Regierung ist bis heute unerfüllt geblieben ist. Mit zwei Filmen im Vorfeld des Festivals (siehe unten) und den zwei Dokumentarfilmen im Hauptprogramm möchten wir näher auf Auswirkungen dieses Krieges auf die sudanesische Bevölkerung eingehen.

In ihrem Dokumentarfilm SUDAN, REMEMBER US schaut die Filmemacherin Hind Meddeb zurück in die kurze Euphorie der Revolution von vor 5 Jahren; ihre Bilder werden zu einem Teil des Protestes, den das Land 2019 erfasst hat. Der zweite Film KHARTOUM, eine Gemeinschaftsarbeit von vier sudanesischen Filmschaffenden, gedreht ab 2022, greift die Lebenswege unterschiedlicher ProtagonistInnen auf und folgt ihnen ins ostafrikanische Exil.

KHARTUM

Ein Kollektiv der Sudan Film Factory begann 2022 mit einem Projekt, verschiedene Menschen in Sudans Hauptstadt zu porträtieren, initiiert von dem Briten Phil Cox (Native Voice Films). In der Aufbruchstimmung nach Absetzung des Diktators entstanden Alltagsszenen mit zwei Straßenjungs, einer Teeverkäuferin, einem Aktivisten und einem Angestellten. Mit Ausbruch des Krieges verließen alle das Land.

Die Filmcrew entwickelte dann einen ungewöhnlichen Weg, das Filmprojekt weiterzuführen. In einem Studio erzählen Lokain und Wilson, Khadmallah, Jawad und Majdi vor einem Green Screen ihre Fluchterfahrungen und schildern ihre jetzige Lage, im Dialog mit dem Filmteam. Der kollektive Prozess im Studio wird sichtbar – inklusive Szenen der Anteilnahme bei der Erinnerung an die traumatischen Ereignisse. Mit originellen tricktechnischen Mitteln werden die Reenactments mit Archivaufnahmen, dokumentarischen oder traumartigen animierten Bildern hinterlegt. Der Film vermeidet Opfergefühle und versucht, der Sehnsucht nach einem friedlichen Sudan Ausdruck zu verleihen.

KHARTUM beeindruckt in seinem partizipatorischen Ansatz, der sich auch nach Fertigstellung fortsetzt, indem Rawia Alhag die beiden Straßenkinder weiterhin betreut.

Anas Saeed began working as a video journalist for independent media organisations and focuses on human rights issues affecting marginalised communities in Sudan.

Rawia Alhag comes from a background in theatre. Her work focuses on women’s and children’s issues of Sudanese people both within their communities and in the diaspora. OUT OF COVERAGE (2024, short film).

Ibrahim Snoopy born in Beirut in 1992, is a filmmaker and founder of the production company In Deep Vision, Khartoum. He has made several award-winning short films and also directed music videos and commercials. Since 2019 he is supporting filmmakers through multi-discipline workshops, consultation and mentorship. JOURNEY TO KENYA (2021), SEROTONIN (2022).

Timeea M Ahmed is a director, editor and producer and his work focuses chiefly on the culture and struggles of Sudan. Short films: SADDARI (2023), IS IT WAR? (2024).

Phil Cox is the co-director of award-winning indie film collective Native Voice Films since 1998 and has directed and shot over 30 films for TV and cinema. His recent cinematic features as director/writer are THE BENGALI DETECTIVE (2011), LOVE HOTEL (2014), BETTY THEY SAY I’M DIFFERENT (2018), THE CLEANER (2020), THE SPIDER-MAN OF SUDAN (2022). He received international awards for his work in Sudan since 2004. Phil also teaches and lectures around the world.