Vier Fremde - gleicher Raum, gleiches Gewand, gleiche Stadt.
In dieser filmischen Versuchsanordnung begegnen sich vier Menschen, die in der indischen Stadt Kolkata völlig unterschiedliche Leben führen: Ein älterer Muslim, ein in Geldnot lebender Hindu aus der höchsten Kaste, ein Drogendealer und eine liberale Studentin. Der schwarze Raum ihrer Zusammenkunft wirkt wie ein Versuchslabor und ist das ordnende Element des Films. Ihm gegenüber stehen die Szenen, in denen wir die Protagonist*innen in ihrem individuellen Alltag begleiten.
Wer sind wir? Was teilen wir? Was wissen wir voneinander? Ein Experiment über Identität und Gesellschaft.
Tanzania Transit
Drei lange Tage und Nächte rollt ein gut besetzter Zug durch Tansania, von der Hauptstadt in die Provinz. In der dritten Klasse sitzen der charismatische Massai Isaya mit seinem Enkel William, der sein Geld zu Großvaters Unverständnis im urbanen Showbusiness verdient. In der Mittelklasse stoßen wir auf die unternehmerische Rukia, die als junges Mädchen zwangsverheiratet und später mit einem kleinen Sohn allein zurückgelassen wurde. Nun wagt sie als Betreiberin einer Bar einen Neustart. Vorne im Zug, wo die Erste-Klasse-Passagiere reisen, begegnen wir der enigmatischen Stimme des Priesters Peter, der eine Gangsterkarriere hinter sich hat und sich jetzt – ob gefragt oder nicht – den Sorgen seiner Mitreisenden annimmt.
Tansania im Transit. Während der Zug durch die staubige Landschaft fährt zeichnet der Film nicht nur ein Bild der Armut, der Vorurteile, den Anfeindungen gegenüber den Massai, sondern auch der gesellschaftlichen Veränderungen, des Aufbruchs und eines Blicks, der nach vorne schaut, wohin immer die Reise geht.
Violence is to charge 600 Euros - Public Land I
In den politischen Kämpfen von 2011 bis 2015 wird vor allem ein Slogan immer wieder auf die Wände Athens, Istanbuls und Madrids gesprayt: Wacht auf! Als Essay und Collage zeigt der Film Antworten im öffentlichen Raum auf eine Politik, die unter anderem zu Wohnungsmieten von 600 Euro in Betonblocks führt. Graffiti als Protestform wird dargestellt und vorgetragen wie auf einer Lesung und somit zu Reflektion und Vorwurf an die Öffentlichkeit.
Welche Öffentlichkeit und welcher öffentliche Raum -Welche Bilder, Sprache und Erzählung nutzen wir, um die Welt um uns herum zu verändern?
Violence is to charge 600 Euros - Public Land II
Schlagzeilen über die ökonomische und soziale Krise sowie den Mangel an Solidarität verkaufen sich nicht mehr: ihnen wird im öffentlichen Diskurs keine Aufmerksamkeit mehr geschenkt. Der zweite Teil von Elena Friedrichs Reihe Public Land untersucht die Machtstrukturen, denen die Öffentlichkeit unterliegt, zwischen Information und Manipulation, Repräsentation und Kontrolle.
Der Film zeigt einen Mann, der Orangenkisten zur Küste transportiert und in seinem Autoradio Diskussionen zum Thema aus Athen und Madrid verfolgt. Auf der Fahrt begleitet uns die Frage, wie wir in Guy Debords „Gesellschaft des Spektakels“ alternative Erzählungen schaffen und am Leben erhalten können.
Faire-Part
Am Vorabend der verschobenen Wahlen arbeiten zwei kongolesische und zwei belgische Filmemacher an einem Film über die kongolesische Hauptstadt Kinshasa und deren Widerstand gegen das koloniale Erbe. Die vier Filmemacher wollen zusammen eine Geschichte erzählen, aber, aufgewachsen auf verschiedenen Seiten der Geschichte, haben sie unterschiedliche Ansichten darüber, wie sie sie erzählen wollen. Wie soll die Geschichte aussehen? Wer sollte Teil der Geschichte sein? Für wen soll die Geschichte erzählt werden?
Up Down & Sideways
Warum singen Menschen bei der Arbeit? In dem Dorf Phek im Nagaland an der Grenze zwischen Indien und Myanmar arbeiten die Bauern und Bäuerinnen meist alle gemeinsam auf den Feldern. Beim Vorbereiten der Terrassen, dem Pflanzen der Setzlinge und Einbringen der Ernte über die steilen Hänge - singen die Menschen aus Phek. Sie nennen diesen traditionellen Gesang ‚Li‘ und niemand kann ihn allein singen, es braucht ein vielstimmiges Kollektiv im Rhythmus der Auf- und Ab- und Seitwärts-Bewegungen bei der Arbeit. Nach der Arbeit erzählen die Bauern und Bäuerinnen in fröhlicher Runde, wovon ihre Lieder handeln und was sie ihnen bedeuten. So lässt der Film mit zwanglosen Interviews und atmosphärischen Bildern, getragen vom Rhythmus der Arbeit, ein lebendiges Porträt dieser dörflichen Gesangskultur entstehen.
UP DOWN & SIDEWAYS ist der erste lange Dokumentarfilm des U-ra-mi-li – Projekts, mit dem ein Künstlerkollektiv den Zusammenhang von Musik, Rhythmus und Bewegung im Alltagsleben erforscht.
Dieser Film wurde sowohl von beiden Kommissionen - des Hauptprogramms als auch der students‘ platform ausgewählt. Er ist zugleich ein Debütfilm und aufgrund seiner Entstehung als Kollektivprojekt besonders bemerkenswert.
Emails to My Little Sister
Was bedeutet es “Schwarz” zu sein? In Solomon Mekonens Film EMAILS TO MY LITTLE SISTER nähern wir uns dieser Frage von verschiedensten Blickwinkeln. Durch den Film leitet uns die Geschichte des Regisseurs: Beunruhigt durch den Wunsch seiner jüngeren Schwester, auch nach Deutschland zu kommen, beschreibt dieser, wie er sich durch den „weißen Blick“ wahrgenommen fühlt. Eine theoretisch geleitete Annäherung und zugleich ein sehr persönlicher Einblick in die Erfahrungen, die Solomon als Schwarzer in Berlin macht – wenn gleich der Film selbst in Äthiopien spielt: Der Film kombiniert die Reflexionen Mekonens mit visuellen Eindrücken aus dem Leben seiner Schwester in Äthiopien. Durch diesen originellen Zugang gelingt es Mekonen, den Auswirkungen kolonialer Strukturen auf ihrer beiden Leben nachzugehen.
Syrian Metal is War
Metal ist in Syrien als satanistisch gebrandmarkt und entsprechend verboten. Musiker landeten deshalb schon im Gefängnis. Doch eine eingeschworene Fangemeinde hält selbst im Krieg an ihrer Leidenschaft fest, macht Aufnahmen in Tonstudios und organisiert unter lebensgefährlichen Umständen Konzerte. Die Musik, die wie keine andere für Gewalt und Tod steht, wird hier im Syirienkrieg für die Protagonisten zum Lebenselixir.
Ein privater Blick auf den Krieg in Syrien und in eine Subkultur, die für Außenstehende oft unverstanden bleibt.
With Our Eyes
Angestoßen von der politischen Realität in Dänemark wird in WITH OUR EYES das Medium Film zum Sprachrohr für eine Gruppe Muslimischer Jugendlicher, die sich gegen die Vorurteile und Stereotypisierungen gegenüber Muslimen zur Wehr setzen. Indem sie Szenen aus ihren alltäglichen Leben nachstellen, demaskieren die Jugendlichen gängige weiße Privilegien sowie einen allgegenwärtigen Rassismus, der oft als unbewusst und „unschuldig“ - aber nicht weniger wirkmächtig – in Erscheinung tritt. WITH OUR EYES ist provokant und wütend – direkt zum Publikum sprechend deckt der Film unbequeme Realitäten auf, die für jene, die nicht alltäglich davon betroffen sind, für gewöhnlich unsichtbar bleiben.
Film for Carlos
Carlos kommt in Moskau zur Welt. Seine Mutter ist Russin, sein Vater Guatemalteke. Dieser versucht seine Schwiegereltern vergeblich von einem Besuch abzuhalten, denn mit ihrer angebotenen Hilfe kommen auch unwillkommene Ratschläge und Meinungen ins Haus: Wieso trägt ihr Enkel keinen russischen Namen? Weshalb gründet ihre Tochter mit einem Nicht-Russen eine Familie? Der Film dokumentiert diesen Besuch und zeigt mit einer beklemmenden Nähe die schwierige Beziehung mit Carlos‘ Großeltern und deren Liebe zum „Russischen Reich“. Eine schockierende, aber auch humor- und liebevolle Begegnung mit einer transkulturellen Familie in Russland.