SOUNDTRACK TO A COUP D’ETAT

Nichts hat in den 60er Jahren die politische Linke so sehr geschockt, wie die brutale Ermordung des kongolesischen Premierministers Patrice Lumumba. Er war die Symbolfigur für die Befreiung des afrikanischen Kontinents vom europäischen Kolonialismus. Noch während die USA und Belgien insgeheim die Ausschaltung Lumumbas planen, schickt das US-Außenministerium Jazz-Größen wie Nina Simone oder Lous Armstrong in den Kongo, eine Ablenkungstaktik? 

Soundtrack to a Coup d’Etat ist ein Zeugnis dieses perfiden Coups. Visuell und musikalisch ganz im Stil des berühmten Blue Note Jazz Lables gestaltet, entwickelt der Film von Johan Grimonprez einen Sog in die Zeit des Kalten Krieges und der politischen Machtspiele zwischen Europa und den USA. Unter großem Rechercheaufwand wurden noch unveröffentlichte Interviews, Reden von Lumumba und Musikauftritte von Miles Davies, Miriam Makeba und sehr vielen anderen zu einer packenden Erzählung montiert. 

Der Film gewann zahlreiche Preise auf internationalen Festivals und wurde als “bester Dokumentarfilm” bei den Oscars 2025 nominiert. 

ONCE UPON A TIME IN A FOREST

Wie stoppt man einen Forstarbeiter, der die nächtliche Dunkelheit nutzt und sich unbeobachtet mit seinem Harvester im Wald zu schaffen macht? Ida und Minka, beide Anfang 20, wissen wie: Wenn sich im Umkreis der Maschine Menschen befinden, müssen die Arbeiten sofort eingestellt werden. Und genau so geschieht es.

Dies ist nur eine Aktion der beiden Frauen, die sich mit anderen jungen Menschen zusammengetan haben, um für den Erhalt des Waldes und gegen die extensive finnische Forstwirtschaft zu kämpfen. Unter der Flagge von Extinction Rebellion organisieren sie Proteste vor Papierfabriken, an Zufahrtswegen für Forstfahrzeuge und in den Straßen Helsinkis. Selbst in der Familie ist die Überzeugung tiefverwurzelt, dass der Wald eine Ressource ist, die in erster Linie den Wohlstand des Landes sichern soll.

Glücklicherweise hat die finnische Filmemacherin Virpi Suutari auch ein Auge für mehr als bittere Konflikte und harte Auseinandersetzungen. Ganz im Sinne seiner jungen Aktivist*Innen ist ihr Film auch eine harmonische und zugleich nachdenkliche Hommage an die Natur selbst.

Virpi Suutari is an award winning documentary film maker. She has worked in this field for almost 30 years and she is now one of the main owners of Euphoria film, Helsinki. Films: AALTO: ARCHITECT OF EMOTIONS, 2020,  ENTREPRENEUR 2020, GARDEN LOVERS 2014, THE IDLE ONES 2001

SUDAN, REMEMBER US

April 2019, im Sudan putscht das Militär und stürzt den langjährigen Machthaber Omar Al-Bashir. In Folge gehen Tausende junge Menschen gegen das Regime in Khartum auf die Straße. Sie kämpfen für ein freieres, selbstbestimmtes Leben in einem neuen demokratischen Sudan.

In der Euphorie dieser Tage findet die Filmemacherin Hind Meddeb ihre Bilder der Revolution. Sie trifft auf junge Aktivist*innen, wie Shajane, Maha, Muzamil u.a. die nach 30 Jahren Diktatur für eine zivile Regierung kämpfen und dafür alles riskieren. Sie sind laut und sie sind kreativ. Sie erheben ihre Stimmen und erinnern an die Dichter*innen des Sudan und ihre Poesie der Menschlichkeit und Gerechtigkeit. In der Montage werden Meddebs Bilder zu einem kollektiven Portrait des sudanesischen Frühlings von 2019.

Sechs Wochen später, Anfang Juni eröffnet das Militär erstmals das Feuer auf die Demonstrierenden. Die Bilder aber können Gewehrsalven nicht töten.

Hind Meddeb (*1978) ist zwischen Frankreich, Marokko und Tunesien aufgewachsen. Vom Journalismus wechselte sie in den Dokumentarfilm und drehte u. a. zwei abendfüllende Filme über den arabischen Frühling aus der Perspektive der Jugend.

MARCHING IN THE DARK

Hunderttausende indische Bauern flüchten aus ökonomischer Verzweiflung in den Selbstmord. Ihre Frauen hinterlassen sie mit einem Berg von Schulden, sozialer Ausgrenzung und verdammt zu sklavischer Arbeit. Der Regisseur Kinshuk Surjan hat für seinen ersten langen Dokumentarfilm eine Selbsthilfegruppe für solche Witwen initiiert. Sanjivani, seit 7 Jahren verwitwet, zwei Kinder, wird zu seiner Hauptprotagonistin. Sie lebt in der Familie des Schwagers, die mit Missernten und Preisverfall kämpft, verheimlicht dort die Teilnahme an dieser Gruppe. Sie ist entschlossen, durch Weiterbildung und Arbeit unabhängig von der Landwirtschaft selbstständig zu werden.

Sanji’s Alltag verdichtet der Film in fast spielfilmartiger Intensität. Immer wieder ruht die Kamera auf ihrem Gesicht, zeigt die Nähe zu ihren Kindern. Klug ausgewählte Beobachtungen verorten ihre Rolle in der Schwagerfamilie. Ihr Schicksal spiegelt sich jedoch vor allem in dem der anderen Witwen, die der Zuschauer durch ihre Augen in deren Verzweiflung erlebt – nur selten in hoffnungsvollen Momenten. Eine Vogelscheuche auf dem trockenen Acker wird bildlich zum Gespenst der Verstorbenen.

Kinshuk Surjan is an Indian filmmaker, based in Brussels and Bhopal. He studied documentary film at the mobile film school DocNomads. His short film POLA (2013) won the Indian National Student Film Award for Best Film and Best Script in 2013. He went on as a 2nd assistant director on the fiction film ISLAND CITY (2015), awarded at Venice Film festival. He continued studies at the Royal Institute for Theatre, Cinema & Sound, Brussels and made the experimental short DIVIDED LINES (2015). His graduation film THE FLANDRIEN (2017) depicts a boy in Flanders, who was pushed into a cycling career by his parents, won the Flanders Audiovisual Fund’s “Wildcard” and was later broadcasted. His project MARCHING IN THE DARK participated in Berlinale Talents 2021 and received the Human Wrights Awards-Special Mention at CPH:Dox 2024.

GRANDPA ROLF

Als sein Großvater starb, war Jakob noch ein Kind. Nie hat er mit ihm über Nazi-Deutschland gesprochen. Nun, da sich die Geschichte in gewisser Weise zu wiederholen droht, kehrt er in die Vergangenheit seiner Familie zurück und sucht nach einem Gespräch, das bislang nicht geführt werden konnte. In seinem Kurzfilm GRANDPA ROLF über die Nazi-Vergangenheit seiner Familie greift Jakob Ossmann auf wiederentdecktes Archivmaterial zurück, lässt Erinnerungen mit der Realität verschwimmen, und verwischt die Grenzen zwischen persönlicher und kollektiver, deutscher Geschichte. Auf diese Weise erkundet er generationsübergreifendes Trauma, gemeinsames Leiden und ein anhaltendes Bedürfnis, sich über Zeit und Kultur hinweg miteinander zu solidarisieren.

Jakob Ossmann
, originally from Stuttgart, Germany, has been importing/exporting fears and desires since 2000. He started his studies in Computing Science before switching to the arts with a focus on storytelling through film and photography.

WALK

WALK ist ein zutiefst persönliches auto-ethnografisches Werk, in welchem sich die ukrainische Filmemacherin Daria Zhuravel mit den Grenzen des Menschseins, dem Gefühl, der Zeit ausgeliefert zu sein, und der Endgültigkeit des Todes auseinandersetzt. In Form einer vielschichtigen Collage kombiniert sie Wortfragmente mit Kinderzeichnungen, Fotos und Videos. Doch wie Daria selbst immer wieder zu flüchten scheint, entgleiten ihr auch diese Erinnerungsstücke. Der Film ist eine eindringliche Auseinandersetzung mit Vergänglichkeit und Erinnerung, und reflektiert über Verlust und die Frage, welche Spuren wir hinterlassen.

Daria Zhuravel, born in Odesa, graduated with a BA in Acting from the Kyiv National University of Theatre, Film and Television. In 2022, during the full-scale Russian invasion of Ukraine, she created her first documentary short film POSTCARD. Currently based in Kyiv, she is developing a feature documentary project about Ukrainian youth and a short fiction film, while also working as a director’s assistant.

IN THE WAKE OF REMEMBERING

Drei Frauen lassen ihre Erinnerungen an den Burnsall-Streik, eine 1992 von Punjabi-Frauen angeführte Widerstandsbewegung der Arbeiter*innen in Smethwick, Birmingham, wieder aufleben. Dabei werden Archivaufnahmen, Text von Widerstandsliedern und aktuelle Interviewausschnitte mit den Aktivistinnen ineinander verwoben. Von einer Stimme aus dem Off werden die Erfahrungen dieser Frauen vom öffentlichen aufs persönliche Erleben übertragen. Anhand all dieser Stimmen rekonstruiert IN THE WAKE OF REMEMBERING die in Vergessenheit geratenen Lebenssituationen südasiatischer Frauen im Vereinten Königreich.

Sara Saini is a Delhi-born and London-based documentary filmmaker and researcher. She studied Creative Arts with a focus on Film at Srishti Institute of Art, Design and Technology in Bangalore and just completed her MA in Directing Documentary at the National Film and Television School in Beaconsfield, UK. Her work seeks to reflect upon lived experience at the intersection of gender, urban space, caste and race through collection and adaptation of oral history, personal narratives, memory and archival material.

WHEN POMEGRANATE TURNS GREY

In WHEN POMEGRANATE TURNS GREY folgt Khurram Muraad den Spuren der traumatischen Erfahrungen seiner Großmutter Gulnar während der Annexion Hyderabads (Police Action) im Jahr 1948. Anhand ihrer Erzählung bruchstückhafter Erinnerungen, rekonstruiert er ein vergessenes Kapitel der indischen Geschichte und stellt auf diese Weise eine Verbindung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft her. Gulnars Erzählungen werfen ein Licht auf die psychischen Narben, die die Annexion bei den Betroffenen hinterlassen hat. So wird der Film zu einer Auseinandersetzung mit Resilienz und dem kulturellen Gedächtnis, das über Generationen hinweg fortlebt.

Thoufeeq K is a lens-based artist, researcher, and documentary filmmaker based in Kerala, currently pursuing a master’s in Visual Anthropology. He specializes in multimedia projects that blend text, sound, and image, focusing on the intersections of visual arts, anthropology, and religion.

Khurram Muraad is a poet, researcher and documentary filmmaker based in South India. He completed his master’s in linguistics at the University of Hyderabad. His interests include language, literature, and literary cultures.

WORKERSDREAMS

Hanoi, im japanischen Industriegebiet: Zwei junge Frauen, die ihr Dorf verlassen haben, kämpfen darum, der Zeitarbeit und den kurzfristigen Verträgen zu entkommen. Eine festangestellte Arbeiterin zu werden ist ihr Traum, darauf könnten sie stolz sein, es wäre eine Garantie für ein Leben in Würde.

Thao Tran Thi Phuong, born in 1977 in Vietnam, Tran Phuong Thao initially studied foreign trade and interpretation in Hanoi. In 2002, she moved to France to fulfil her dream of becoming a documentary filmmaker. After graduated in Political Science in Paris, she studied documentary film technics and writing in Poitiers University. Back in Vietnam, she joined different Varan Vietnam workshops since 2005 as translator, trainee, then tutor. WORKERSDREAMS attended many international festivals and was awarded at the Cinema du Reel 2007. Since 2011, she has directed several documentary projects in collaboration Swann Dubus including WITH OR WITHOUT ME - White Goose Award at DMZ Docs 2012 and FINDING PHONG - Grand Prix Nanook- Jean Rouch at 34th International Festival Jean Rouch 2015. Their work examines the human dimensions of the grand themes in Vietnam’s rapidly changing society.

TOWARDS THE SKY

Ein Bruder und eine Schwester, elf bzw. acht Jahre alt, sind Überlebende des tödlichen Zyklons auf der Insel Mindanao im Dezember 2011. Behutsam filmt Kiri Lluch Dalena die Zeichnungen und Spiele aus ihrer Kindheit, in denen die Erinnerungen an die Tragödie, der sie entkommen sind, nach und nach auftauchen, wie sie überlebten und wie ihre Eltern verschwanden …

TUNGKUNG LANGIT ist ein Titel, der sich auf den Gott im Panay-Epos bezieht, dessen Tränen zu Regen werden, aber in dem Kurzfilm weinen die zwei kleinen Kinder nicht, sondern geben einen intimen Einblick in ihr Leben, indem sie miteinander über ihre Erfahrungen während eines Taifuns sprechen, der ihre Stadt verwüstet und sie zu Waisen gemacht hat. Leise flüsternd und spielerisch erzählen sie der Kamera von ihrem Trauma. Der Film trägt so zu seiner Bewältigung und letztlich zur Heilung bei.

Kiri Lluch Dalena
is an award-winning visual artist and filmmaker whose work addresses social and political injustices, particularly in the Philippines. Founder of Southern Tagalog Exposure, an association of film makers, her directorial film works include UNDER ONE SKY; RED SAGA; ECHO OF BULLETS; MEMORIES OF A FORGOTTEN WAR …