Rechtsprechung in Afrika

Traditionelle Gerichtsbarkeit und moderne Rechtsprechung in Afrika sind Thema der zwei folgenden Filme: Bei den Gacaca-Gerichten in Ruanda ging es nie vorrangig um Bestrafung, sondern um den Erhalt des sozialen Friedens. Unter der Führung weiser alter Männer wurden Foren abgehalten, bei denen Verletzungen von sozialen Normen und interfamiliäre Streitigkeiten geregelt wurden. Typischerweise resultierten aus den Schlichtungssprüchen der Dorfältesten gemeinnützige Arbeit in der Dorfgemeinschaft oder Reparationszahlungen der Delinquenten. Zum Zeichen der Versöhnung endete eine solche Verhandlung oft mit einem gemeinsamen Mal. Die Gacaca-Prozesse von heute, wie der Belgier Bellefroid sie in seinem Film RWANDA, LES COLLINES PARLENT aufzeigt, haben nicht weniger als die Aufarbeitung eines Völkermordes zur Aufgabe. Täter, die keine Reue zeigen, erwartet eine lebenslange Haftstrafe. Die Aussöhnung ist ein langer Prozeß. In Kim Longinottos mit zahlreichen Preisen ausgezeichneten Film SISTERS IN LAW lernen wir zwei starke Frauen kennen, die sich als Richterinnen ihren Platz an einem Bezirksgericht in Kamerun erkämpft haben. Mit ihren klaren Positionen und Urteilen zwischen Härte und Mitgefühl gelingt es den beiden, das traditionelle Denken ihrer Umgebung nachhaltig zu unterwandern und zu ändern.   Mike Schlömer … mehr

RWANDA, THE HILLS SPEAK
(RWANDA, LES COLLINES PARLENT )

Bernard Bellefroid
Belgien 2005 | 50 Min. | BetaSP, OmeU
Ruanda, elf Jahre nach dem Völkermord an den Tutsi. Damit die Täter nicht straflos bleiben, hat die Übergangsregierung die Einrichtung einer besonderen Gerichtsbarkeit beschlossen. Die Gacaca-Gerichte sollen Personen, die des … mehr

SISTERS IN LAW

Kim Longinotto
Großbritannien, Kamerun 2005 | 106 Min. | 35 mm, OmeU

SISTERS IN LAW, gedreht in der kamerunischen Stadt Kumba, zeigt eine Gesellschaft im Wandel. Der Film erzählt Geschichten aus öffentlichen Verhandlungen und Dramen, die sich rund um den Gerichtssaal abspielen: Da ist die 6 Jahre alte Grace, die von ihrer launischen Tante geschlagen wurde; die junge Sonita wurde von ihrem Nachbarn vergewaltigt, ist aber mutig genug sich zu wehren und da ist die schüchterne Amina, die versucht sich von ihrem Mann, der sie mißbraucht, scheiden zu lassen. Anstatt sich in eine Opferrolle drängen zu lassen, werden die Frauen durch die solidarische Atmosphäre, die die Richterinnen Vera Ngassa und Beatrice Ntaba ausstrahlen, immer wieder in ihrem Mut bestärkt. Die Filmemacherin Kim Longinotto beobachtet die Geschehnisse mit anteilnehmender Kamera - diskret, kulturell wachsam, sensibel und mit einem unglaublichen Talent im richtigen Moment am richtigen Ort zu sein. Co-Regisseurin Florence Ayisi, die in Kumba aufwuchs, will, dass der Zuschauer weiterdenkt, über das stereotype Bild Afrikas hinaus. “Der Film zeigt den Mut von Frauen, ihre Stärke und ihre Entschiedenheit und wie sie - mit Hilfe der Richterinnen - aus ihrem gewalttätigen Umfeld ausbrechen.” Dieser einfühlsame Film zeigt uns einen Ort der Menschlichkeit, der auf wirkliche Veränderung hoffen läßt. 

Preise, Auswahl: Prix Art et Essai, Film Festival; Bester Dokumentarfilm, Hawaii Int’l Film Festival; Zuschauer-Preise: IDFA, Amsterdam; Santa Barbara Film Festival; München Dok-Filmfest; 1st Maysles Award The Tel-Aviv Intl Doc. FF; Best Int. Film Human Rights Nights FF, Italy; Special Documentary Prize 4th Lisbon Int. Doc FF; Best Documentary Women’s Film Critics Circle 

Kim Longinotto, Ausbildung zur Kamerafrau und Regisseurin an der National Film School. 1986 gründete sie zusammen mit Claire Hunt das Frauenfilmkollektiv “20th Century Vixen”. Filme u.a.: THE DAY I WILL NEVER FORGET (2002), RUNAWAY (2001), DIVORCE IRANIAN STYLE (1996).