DUSTY NIGHT

«Man leidet, solange man atmet», ruft eine heisere Stimme außerhalb des Bildes, und fügt dann in ehrlicher Ironie hinzu: «Staub ist unser Reichtum.» Die Stimme gehört einem Straßenfeger. Wenn es Nacht wird, verlässt er mit den beiden Söhnen seine ferne Vorstadt, um eine breite Straße im Zentrum von Kabul zu fegen. Sie wurde auf die Schnelle von den Japanern erweitert, die gut zehn Millionen Dollar in diese Aktion investierten. Mehrere dieser Millionen sind einfach verschwunden: «Korruption wird es hier immer geben», stellt der Mann fest, der die ganze Nacht lang diese zentrale Achse für einen Hungerlohn fegen muss.

Workshop in Kaboul, Afghanistan

Ali Hazara was born in Ghvas, a remote village in Afghanistan’s Wardak province, in 1977. When his father was threatened, he had to flee to Iran with his family in 1979. After spending his entire childhood there, he returned to Afghanistan in 2004. He then began to take an interest in cinema, and in 2007 took a training course at Ateliers Varan. His ambition is to change the situation in Afghanistan through art. He writes songs, makes films and parodies TV shows. But after so many years, a dark image of his country persists in his mind, a dusty night. Films: DUSTY NIGHT (2011); ACT OF DISHONOUR (2010); RABBIN HOOD (2014).

SONS OF HAJI OMAR

Die Produktions- und Verleihgeschichte von “Sons of Haji Omar” ist ein interessanter Fall eines politisch- ideologischen Missbrauchs eines ursprünglich rein ethnologischen Projektes durch große Film- und TV-Anstalten, welche sowohl das Format, als auch die ideologische Bedeutung änderten.

Unsere Absicht war es, die Zusammenhänge zwischen dem Hirtenwesen, dem sesshaft landwirtschaftlichen und dem urbanen Segment der afghanischen Gesellschaft zu beschreiben. Wir glaubten, dies am deutlichsten an der fortschreitenden Sesshaftigkeit 57 eines bestimmten Stammes studieren zu können, der sich zunehmend auf Landwirtschaft und urbane (d.h. Handels-)Tätigkeiten konzentriert, aber gleichzeitig noch Schafzucht auf der Basis der Transhumans betreibt. Die Feldforschung fand mit Unterbrechungen von 1974 bis zum Frühling 1976 statt. Ich konzentrierte mich dabei auf die Familie des Stammesältesten Haji Omar, damals einer der reichsten Männer in jener Region.

Ursprünglich wurde meine Forschung von der National Geographic Society unterstützt, die sich davon einen populären Film für ihre TV-Serie erhoffte. Anfangs 1976 aber verlor diese Gesellschaft das Interesse an meinem Projekt. Ich konnte das National Anthropological Film Center an der Smithsonian Institution als neuen Sponsor gewinnen. Unsere Crew, Tim und Patsy Asch und ich selbst, filmte im Sommer 1976 vier Monate lang. Wir belichteten fast 70 000 feet 16mm-Film mit sync-Ton. Vorrangig dokumentierten wir die pastoralen Aktivitäten und erst in zweiter Linie Landwirtschaft und Handel, aber immer im Kontext unserer Protagonisten, Haji Omar und seiner drei Söhne. Im Herbst 1976 verließen Tim und Patsy Asch das Projekt. Das National Film Board of Canada übernahm das Projekt. Die Winterszenen wurden mit einer kanadischen Crew fertiggedreht. 1978 begannen wir mit der Postproduktion. Ich hatte eine dreiteilige Serie von drei Stunden Dauer geplant, je einen Teil über das Hirtenwesen, über die Bazarstadt Narin und über die Landwirtschaft. Wir kamen gut voran, aber unterdessen war der Bürgerkrieg in Afghanistan ausgebrochen und der Direktor des NFB verlangte von mir, anstelle der dreistündigen ethnologischen Serie einen einstündigen TV-Film zu produzieren.

Die Dreistundenversion wurde zerstört und auf eine Stunde gekürzt. Das Ergebnis ist die vorliegende Version von Sons of Haji Omar. Dieser Film hatte großen Erfolg und wurde weltweit ausgestrahlt. Die BBC gelangte an den Film und änderte zehn Minuten davon indem sie total unpassende Mujahiddin-Sequenzen einfügte. So wurde das Material des ursprünglich rein wissenschaftlichen Projektes verändert und zuerst durch das NFB und später ideologisch verfälscht von der BBC für TV-Filme verwendet.

Asen Balicki, 2002 (Buch)