Jedes Jahr überqueren dreißigtausend Marokkaner die Meerenge von Gibraltar auf mehr oder weniger seetüchtigen Booten. Vierzehntausend werden zurückgeschickt. Tausend ertrinken. Rund fünfzehntausend schaffen es, in Europa zu bleiben. Hinter der Kälte dieser Statistiken verbergen sich Schicksale und zerstörte Lebensbiografien, die die Autorin Yasmine Kassari zu beschreiben versucht. Dabei stellt QUAND LES HOMMES PLEURENT die Chronologie, die man von einem solchen Film erwarten könnte, auf den Kopf. Statt einigen Betroffenen dieser Emigration von der Abreise aus Marokko bis zu ihrer Ankunft in Spanien zu folgen, stellt die Regisseurin die Bilder dieser dramatischen Überfahrten ans Ende ihres Filmes. Kacem, Mziane, Abderrahman und Hassan haben ihr Leben in der Hoffnung auf ein besseres Leben aufs Spiel gesetzt.
Heute ist ihr Alltag von Verzweiflung und Ausweglosigkeit geprägt, deren Ausmaß umgekehrt proportional zum Traum von Annehmlichkeit und Reichtum ist, den nicht nur die Medien vorspiegeln, sondern auch die Landsleute, die bei ihrer Rückkehr in die Heimat das Gesicht nicht verlieren wollen. Kacem sagt: »Endgültig zurückkehren, das schafft man nicht, endgültig bleiben, das ist unmöglich. Es liegt in der Natur des Menschen, dass er sich daran gewöhnt« – an die unmöglichen Lebensbedingungen, die täglichen Erniedrigungen und die wiederholten Ausweisungen. Und dies trotz der willkommenen Billig-Arbeitskraft für die landwirtschaftlichen Betriebe. Yasmine Kassari zögert nicht, die eine oder andere Situation zu inszenieren, wobei sie jedoch die Gesten eines jeden in einem Alltag voller Melancholie und Abwarten immer respektiert.
Yasmine Kassari studierte Film in Brüssel (INSAS); sie arbeitet als Produzentin und Regisseurin. Filme u.a.: CHIENS ERRANTS (1995); LYNDA ET NADIA (2001).