LUMUMBA, LA MORT D’UN PROPHETE

Am 17. Januar 1961, zweihundert Tage nach der Unabhängigkeitserklärung des Ex-Belgisch Kongo (dem heutigen Zaire), wird Patrice Lumumba durch seine Ermordung Symbol und Märtyrer des afrikanischen Kontinents und der ‘Dritten Welt’. Für die einen ist er ein Prophet, für die anderen ein gefährlicher Extremist, den sie zu Lebzeiten mit Spott, Hohn und Hass überschüttet haben.

LA MORT D’UN PROPHETE ist eine essayistische Auseinandersetzung mit der Figur, den Legenden und dem Mythos des ersten Premierministers des formell unabhängigen Kongo. In Haiti geboren, lebte Raoul Peck einen Teil seiner Jugend in Kinshasa (ex-Leopoldville). Für seinen Film verbindet er private Bilder und Überlegungen mit dokumentarischen Archivaufnahmen von Lumumba und Erinnerungen von Journalisten, die zu jener Zeit aus dem Kongo berichten. Dabei entsteht ein kurzes Porträt des ermordeten Premierministers und eine kritische Bestandsaufnahme der moralischen, politischen und ethischen Verantwortung der Medien.

I Am Not Your Negro

Kurz vor seinem Tode 1979 verfasst James Baldwin einen Textentwurf, der sein Leben als homosexueller Schriftsteller im Kontext der schwarzen Bürgerrechtsbewegung in der Rückschau reflektiert und verortet. Die 30 bislang unveröffentlichten Seiten von „Remember This House“ bilden das Gerüst von I AM NOT YOUR NEGRO, das mit Erinnerungen an die Schulzeit und eine prägende weiße Lehrerin beginnt, und sich von der Rückkehr aus Europa über die Erfahrungen der 60er Jahre spannt, in denen Baldwin die Ermordung von Medgar Evers, Malcolm X und Martin Luther King miterlebt.

Raoul Peck inszeniert zum Text eine fulminante Collage aus Archivfotos, Filmausschnitten und Nachrichten-Clips. Mitreißend sind die öffentlichen Auftritte Baldwins in einer TV-Show, der Cambridge University Debate 1965 und bei einer Lecture nach der Ermordung M.L. Kings 1969 (dokumentiert in BALDWIN’S NIGGER von Horace Ové), in denen sich sein undogmatisches Denken und geistesgegenwärtiger Humor manifestiert.

Baldwin hat sich in einer seiner letzten Veröffentlichungen „The Devil Finds Work“ (1976) umfassend mit dem Bild der schwarzen AmerikanerInnen im Hollywoodfilm auseinandergesetzt. Peck greift mit treffenden Filmzitaten und Werbeclips darauf zurück und verknüpft so das Politische mit der Mediengeschichte. Auch der Sprung in die ungebrochene Gegenwart weißer Polizeigewalt gelingt durch wenige präzise eingebaute Verweise auf Rodney King und die Todesfälle und Unruhen z.B. in Ferguson in jüngerer Vergangenheit. Einzig wirklich in der Gegenwart gedreht, präsentiert Peck den Times Square als betörende Essenz der westlichen (weißen) Konsumwelt.

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Raoul Peck  geb. 1953 in  Port-au-Prince, Haiti, aufgewachsen in Zaire und in den USA. Peck studierte in Frankreich, in den USA, Ökonomie an der Humboldt Universität und schloss 1988 ein Filmstudium an der DFFB in Berlin ab. Mit seinem Spielfilm L’HOMME SUR LES QUAIS präsentierte er 1993 den ersten Beitrag aus der Karibik im Wettbewerb von Cannes. 1996 und 1997 war er Kulturminister in Haiti. Seit 2010 ist er Präsident der staatlichen Filmschule LA FÉMIS in Paris. Filme u.a. LUMUMBA-DEATH OF A PROPHET (1991, Dokumentarfilm), HAITI-LE SILENCE DES CHIENS (1994), LUMUMBA (2000, Spielfilm), PROFIT AND NOTHING BUT! (2001, Essayfilm), SOMETIMES IN APRIL (2005), MOLOCH TROPICAL (2009), FATAL ASSISTANCE (2012), MEURTRE À PACOT (2014), LE JEUNE KARL MARX (2017).