Verlorenes Land

Die Westsahara ist geteilt: Seit 1989 trennt ein 2.400 km langer Sandwall die von Marokko besetzte Fläche von dem Gebiet, das von der Befreiungsbewegung Polisario kontrolliert wird, die für einen unabhängigen Staat kämpft. Über hunderttausend Saharauis leben in Flüchtlingslagern in der algerischen Wüste im Exil – einst Nomaden, nun zur Immobilität verdammt.

Das Schicksal der Saharauis ist ein von der Welt vergessenes Flüchtlings-Szenario. TERRITOIRE PERDU bringt es – buchstäblich – wieder ans Licht. Gedreht im Super8-Format und in Schwarzweiß, arbeitet der Film bewusst mit dem Kontrast von Licht und Schatten. Die Körper der Saharauis werden dadurch gleichsam modelliert. Gesichter, Haut, Falten, Tücher, Stoffe, Sonnenbrillen und die Muster der Uniformen der Soldaten verbinden sich auf der visuellen Ebene zu körnigen Texturen. Aus dem Off hört man Fragmente von Lebensgeschichten: von Flucht und Verfolgung, dem Leben im Lager, von Repressionen Marokkos, der Sehnsucht nach dem eigenen Land, dem Verhältnis zur Wüste, der Trauer um verschwundene Angehörige und vom Widerstand. Der starke Wind ist allgegenwärtig, das Sounddesign verstärkt die Weite des Raums. TERRITOIRE PERDU ist Geschichtsschreibung jenseits von Daten und Fakten. Der Film vermittelt Zustände, nicht Nachrichten. Es lohnt, sich darauf einzulassen.

Birgit Kohler, Berlinale 2011