Vier Filmdokumente von Gerhard Kubik

Der Ethnologe Gerhard Kubik forscht seit 1959 in Afrika südlich der Sahara und befaßt sich mit Musik, oraler Literatur, Tanz, Spielen und im besonderen mit den Maskentraditionen in den bantusprachigen Gebieten. Besonders interessieren ihn dabei die konzeptionellen Zusammenhänge der Kultur, in die diese Maskentraditionen eingebettet sind. Seit mehr als 30 Jahren benutzt Kubik zur Dokumentation in seinen Forschungen auch 16mm-Film. Er selbst beschreibt den Ansatz in seiner filmischen Arbeit wie folgt:

(…) mein Engagement mit der ethnomusikologischen und ethnologischen Kinematographie hat im Oktober 1962 im nördlichen Mosambik begonnen, als ich während meiner Feldarbeit nach einer Methode suchte, um afrikanische Musik für ethnomusikologische Analysen auf Papier zu transkribieren. Ich beschloß, ganz auf die Transkription von Tondokumentationen eines musikalischen Ereignissses zu verzichten und stattdessen eine Methode für eine Transkription von visuellen Dokumentationen musikalischer Ereignisse zu entwickeln und die Bewegungen “frame by frame” zu evaluieren. (…) Parallel dazu entwickelte sich mein Interesse an der filmischen Dokumentation im Allgemeinen. (…) Schon in der frühesten Phase meiner Arbeit, bemühte ich mich aber, nicht in die Falle einer Ideologie für “Unterhaltungsfilme” zu geraten. Genauso, wie wir Tonaufnahmen, die wir aus dem Felde zurückbringen, nicht auseinanderschneiden, sollten wir logischerweise visuelle ‘footage’ nicht schneiden und edieren (…)”

(Auzüge eines Thesenpapiers zum Kongreß ‘Música e Antropologia’ 1994 in Lissabon; Übersetzung aus dem Englischen)

John Baily, selbst Ethnomusikologe und Filmemacher, schreibt über Kubiks spezielle Aufnahme und Montagetechnik: “Rituale und zeremonielle Veranstaltungen können stundenlang dauern und eine Kondensierung der Aufnahmen wird unumgänglich. ‘To edit in the camera’ ist Kubiks persönliche Lösung dieses Problems. Er wählt die Sequenzen seiner ’shots’ sorgfältig und hängt die einzelnen Rollen später chronologisch aneinander, ohne aber am Schneidetisch zu montieren. In einem konventionellen Sinne montiert Kubik nicht eigentlich, sondern er erzielt den ungestörten Fluß in seinen Filmen durch seine spezielle Aufnahmetechnik , bei der er das Ende des einen und den Anfang des nächsten ’shot’ zeitlich so genau aufeinander abstimmt, daß die Integrität des musikalischen Ablaufes erhalten bleibt. Einige der Tonschnitte in seinen Filmen sind so fließend, daß es kaum zu glauben ist, daß sie in der Kamera zustandegekommen sind.”

(zitiert aus ICTM COLLOQUIUM ON FILM AND VIDEO, Yearbook for Traditional Music, N.Y.1988, S.195; Übersetzung aus dem Englischen)