Sweetgrass

Ilisa Barbash, Lucien Castaing-Taylor
USA 2009 | 115 Min. | OmU

Schafe, soweit das Auge reicht. Die Anthropologen und Filmemacher Lucien Castaing-Taylor und Ilisa Barbash haben drei Sommer lang in den Absaroka-Beartooth Mountains die Schafzucht auf einer der letzten Ranches in Familienbesitz dokumentiert. Wenn ein Schaf frisst, sehen und hören wir die Kaubewegung und die Glocke am Hals. Als es die Kamera entdeckt, friert sein Blick das Bild ein, nur der Wind ist noch zu hören. Der Originalton trägt zur Genauigkeit jeder Einstellung bei. Während der Schur können wir den Körpereinsatz des Schafhirten sowie die Benommenheit des Schafes regelrecht spüren. Die Blickanordnung im Raum analysiert das Verhältnis eines Neugeborenen zur Herde, zum Muttertier und zur Schäferin. Wenn tausende Schafe ein Gatter durchschreiten oder der Grasspur einer Futtermaschine folgen, wirkt es wie die Massenszene eines Monumentalfilms. Spätestens wenn wir auf dem Berggipfel ankommen und der unter Knieschmerzen leidende Schäfer seine Mutter anruft, muss unser Bild des einsamen Schafhirten dem des Westerncowboys weichen. Auch der raue Humor der Rancher untereinander, wenn sie ihre Handgriffe beim Branden der Tiere ausführen, erzählt eine Geschichte der freien Schafzucht im Westen Amerikas, die im 19. Jahrhundert begann und langsam zu Ende geht. (Forum Berlin)

Lucien Castaing-Taylor

1966 im britischen Liverpool geboren. Er studierte Sozialanthropologie, Philosophie und Theologie, später Visual Anthropology (u.a. bei Timothy Asch) an der University of California, Berkeley. Lehrtätigkeit an der University of Colorado, Boulder. Er gründete die Zeitschrift „Visual Anthropology Review“ und war deren Herausgeber 1991-94, wie auch für „Transcultural Cinema“ von David MacDougall (1998). Gemeinsam mit Ilisa Barbash gründete er 2006 das Sensory Ethnography Lab der Harvard University. Zurzeit leitet er das Film Study Center (mit Peter Galison) und das Lab. Gemeinsam mit Véréna Paravel realisierte er LEVIATHAN (2012).

Ilisa Barbash

1959 in New York geboren, studierte Romanistik in Vermont, dann Anthropologie an der University of Southern California. Sie arbeitet als Filmemacherin/Autorin und ist tätig als Kuratorin für Visuelle Anthropologie am Peabody Museum of Archaeology and Ethnology, Harvard University. Gemeinsam mit Castaing-Taylor gab sie „Cross Cultural Filmmaking“ (1997) und “The Cinema of Robert Gardner” (2008) heraus.

Filme (gemeinsam): MADE IN USA (1990), IN AND OUT OF AFRICA (1992). Beider Arbeiten sind in der ständigen Sammlung des MOMA, NY, und des Britischen Museums vertreten, wurden in zahlreichen Museen, Kunsthallen und Galerien ausgestellt. Ihre Filme und Videos liefen auf zahlreichen internationalen Festivals.