LA BARAKA DES MARCHANDS MOURIDES

Das Glück der Muriden-Händler

Jean Paul Colleyn
Frankreich 1997 | 57 Min. | BetaSP, OmeU

Mit ihren langen Boubous und den gestreiften Plastiktaschen gehören die fliegenden Händler aus dem Senegal zum alltäglichen Straßenbild vieler großer Metropolen. Von Dakar bis Marseille, von Antwerpen bis New York und Mailand, sind sie nomadisierende Akteure einer Händlerdiaspora. Die meisten sind Muriden, Mitglieder einer senegalesischen Sufi-Bruderschaft, die sich durch ihren strengen Glauben und eine strenge Arbeitsmoral auszeichnet. Dank der unverbrüchlichen Solidarität unter den Muriden passen sie sich problemlos weltweit an neue Situationen an.

Die Muriden sind die Anhänger einer Sufi-Bruderschaft, die sich auf den Heiligen Cheikh Amadou Bamba (1857-1927) beruft. Ende des letzten Jahrhunderts, in einer Periode der Verunsicherung im Anschluß an die französische Kolonialisierung, hatte dieser durch seinen Mut und seine Offenherzigkeit eine große Schar von Anhängern um sich geschart. Die Franzosen sahen ihn als Bedrohung an und deportierten ihn erst nach Gabun und Mauretanien und später in eine abgelegene Region Senegals. Dennoch wuchs sein Ansehen ständig. Im Glauben an die Arbeit als direkten Weg zum Heil, gründete Cheikh Amadou Bamba die Brüderschaft der Muriden und Touba, die Stadt der Heiligen. Um 1912 engagierte sich Cheikh Amadou Bamba mit seinen Anhängern im Erdnußanbau. Die Cheiks, oder Marabouts, organisierten ihre Anhänger in leistungsstarken Arbeitsgruppen. Seither hat sich die Bruderschaft der Muriden kontinuierlich weiterentwickelt, immer unter Berufung auf die Baraka, das Glück ihres Meisters Cheikh Amadou Bamba. Sie zeichnen sich durch eine strenge Arbeitsethik, eine unverbrüchliche Solidarität, sowie eine klare Hierarchie aus. Sehr schnell wurden sie zu einer tragenden Säule der nationalen Wirtschaft geworden. 

In den 70er Jahren, mit dem Zusammenbruch der Erdnußpreise, der Dürre und der fortschreitenden Auslaugung der Böden, sah sich ein Teil der Muriden gezwungen in Richtung Dakar auszuwandern, wo sie schnell die Kontrolle des Marktes von Sandaga übernahmen. Von dort breitete sich die Händlerdiaspora weltweit in Richtung Nordamerika, Europa und Asien via den Persischen Golf und Hongkong aus. Die Muriden sind durch ihren Willen, zum Auf- und Ausbau der Stadt Touba – wie Cheikh Amadou Bamba dies gefordert hatte – verbunden. 

Im Senegal wie im Ausland schließen sich die Muriden zu sog. Da’ira zusammen, Gruppierungen welche den religiösen Zusammenhalt, aber auch die spirituelle und finanzielle Verbindung zu den Cheikhs und zur heiligen Stadt Touba sicherstellen sollen. Die Zusammenkünfte können überall stattfinden: auf einem Dach über dem Markt von Sandaga so gut wie in einem Hotelzimmer in Marseille. Wichtige Cheikhs stehen mehreren Da’iras weltweit vor, denen sie einmal im Jahr einen Besuch abstatten.

Jean Paul Colleyn ist Anthropologe, Filmemacher und Dozent. Er studierte Ethnologie in Brüssel und Paris, hielt sich vor allem in Schwarzafrika und Südamerika auf und unterrichtet jetzt in Paris und New York. Er hat bisher über 20 Filme gedreht. 

Filmauswahl: SOGOW, MASQUES BAMBARA (1982); N’KPITI, LA RANCUNE ET LE PROPHÈTE (1984); CHRONIQUE D’UNE SAISON SÈCHE (1987/88); LE VOYAGE DES AMES (1992); LA NUIT DES INDIENS PUMÈ (1994); LE CONGO REVISITÈ (1995); L’ECOLE D L’ASIE (1996)