THE VIEWING BOOTH

THE VIEWING BOOTH widmet sich in einer laborähnlichen Versuchsanordnung dem Erleben von Bildern und der Frage, was wir als Wahrheit begreifen: Wie konstruieren wir Wahrheit, damit sie zu unseren Überzeugungen passt? Der Regisseur Ra’anan Alexandrowicz, dessen frühere Filme unterschiedliche Aspekte der israelischen Besatzung beleuchten, hat im Internet veröffentlichte Videos der Menschenrechtsorganisation B’Tselem gesammelt und das Material, das die Präsenz des israelischen Militärs in der Westbank dokumentiert, Studierenden einer US-amerikanischen Universität gezeigt. Er filmte ihre Reaktionen und lud eine von ihnen, Maia Levy, sechs Monate später zu einem zweiten Screening ein. Sie sieht sich nun selbst dabei zu, wie sie sich Filmmaterial, das ihren politischen Überzeugungen zuwiderläuft, ansieht. Was hierbei zum Ausdruck kommt, ist vielschichtig, verwirrend, aufschlussreich und geht über den israelisch-palästinensischen Konflikt weit hinaus. Maia Levys freimütige Analyse ihrer eigenen Kommentare wurde fast unverändert übernommen und vermittelt den Zuschauer*innen, dass Sehen nicht immer Glauben heißen muss. (Berlinale 2020)

Ra’anan Alexandrowicz, geb. 1969 in Jerusalem, Israel. Er studiert an der Sam Spiegel Film and Television School in Jerusalem und schon sein kurzer Abschlussfilm RAK B’MIKRIM BODEDIM (Self Confidence Ltd, 1996) wird mehrfach ausgezeichnet. Seit MARTIN (1999), Porträt eines Überlebenden des KZ Dachau, wendet er sich dokumentarischer Arbeit zu und sucht nach innovativen Ausdrucksformen. THE INNER TOUR (2001, Freiburger Filmforum 2001) begleitet eine palästinensische Reisegruppe auf einer Bustour durch Israel. Der Kinostart fällt mitten in die 2. Intifada und löst heftige Reaktionen aus. Der Film läuft auf zahlreichen internationalen Festivals und wird als ungewöhnliche Sicht auf Israel gefeiert. Es folgt ein Spielfilm über einen Afrikander, der nach Jerusalem pilgert, aber als Arbeitsmigrant endet (JAMESJOURNEY TO JERUSALEM, 2003). Danach behandelt Alexandrowicz die juristische Geschichte der Besatzung arabischer Gebiete durch den israelischen Staat. THE LAW IN THESE PARTS (2011) gewinnt bei vielen Festivalauftritten u.a. den Grand Jury Prize auf dem Sundance Film Festival. Nach Erfahrungen im pädagogischen Einsatz dieses Films verfasst der Regisseur die Abhandlung „50 Years of Documentation“ (2018) über das Wesen politisch-dokumentarischer Arbeit. Er arbeitet mehrfach für den Sundance Documentary Fund als Editing Advisor.

Regie: Ra’anan Alexandrowicz
Kamera: Zachery Reese
Montage: Neta Dvorkis, R. Alexandrowicz
Sounddesign: Rotem Dror
Produktion: R. Alexanandrowicz, Liran Atzmor
Konakt: R. Alexandrowicz theviewingbooth@gmail.com

THE INNER TOUR

THE INNER TOUR, eine israelisch-palästinensische Koproduktion, beschreibt die Reise einer Gruppe von Palästinensern aus dem Westjordanland und dem Gazastreifen durch Israel. Die Teilnehmer dieser Besichtigungsreise erkunden ein Land, das für sie verlorene Heimat und zugleich Besatzungsmacht ist. Der Film stellt Geschehnisse zusammen, die auf den einzelnen Stationen dieser Reise gefilmt wurden. Er versucht, ein menschliches, politisch differenziertes Bild der Palästinenser und ihrer Erfahrungen zu vermitteln und – durch die Augen der Reisenden – einen anderen Blick auf Israel zu werfen. 

Dieser Film besteht aus ganz anderem Material als jene Bilder vom nahöstlichen Schauplatz, die wir dieser Tage in den Medien sehen müssen. Durch das Fenster des Reisebusses erhalten die Zuschauer die Gelegenheit zu einem Blick auf die palästinensische Gesellschaft, der komplexer ist als die Bilder von Massendemonstrationen, von Steinewerfern und Begräbnissen, die in Aufstände ausarten. Der Film handelt von einem Augenblick der Freiheit und spricht zugleich von einer langen Gefangenschaft. Er verwendet eine visuelle Metapher, nämlich die des Touristen als staatenlosem Ausländer und Emigranten, um einem Volk, das sich in eine unsichtbare Masse verwandelt hat, einen Spiegel vorzuhalten. 

Am Ende der dreitägigen Reise voller angenehmer Eindrücke, schwieriger Begegnungen und Wechselbädern der Gefühle versuchen die Teilnehmer dieser »Reise ins Innere«, das Gesehene, ihre Impressionen und Empfindungen zu verarbeiten. Vielleicht wird diese Reise niemals wirklich Jerusalem erreichen, und Jerusalem wird immer die ferne »Stadt auf den Hügeln« bleiben. 

Ra’anan Alexandrowicz, geb. 1969 in Jerusalem, schloss 1996 sein Studium an der Filmschule Sam Spiegel in Jerusalem ab. Filme: SELF CONFIDENCE Ltd. (1996); ANSAR (1998); THE FAR SIDE OF THE TRACKS (1999); MARTIN (1999).