Naher Osten

TRAUM UND TRAUMA. ANDERE BILDER DES KRIEGES 
Unter Extrembedingungen wie den lang andauernden Bürgerkriegen im Libanon oder in Palästina hat es die Kunst schwer, etwas anderes zu thematisieren als die politischen Ereignisse. „Der Krieg schafft […] eine Realität, die jede Fiktion in den Schatten stellt. Das Ereignis selbst ist so überwältigend, dass man als Künstler zum Beobachtungs- und Dokumentationssklaven wird“, so die palästinensische Filmemacherin Azza El-Hassan. Wie gelingt es den Künstlern, der Übermacht der zirkulierenden Medienbilder eine eigene Ästhetik entgegenzusetzen und Darstellungsformen zu finden, die über das Dokumentieren und Aufdecken hinausgehen? 

Wir zeigen Arbeiten, die sich mit einer ganz eigenen Bildlichkeit den verdrängten, verborgenen und verschütteten Spuren des Bürgerkrieges im Libanon zuwenden. Die Künstler und Filmemacher Joana Hadjithomas und Khalil Joreige aus Beirut hinterfragen in ihren Installationen und Filmen immer wieder ihre Rolle als Bildermacher und Sinnproduzenten. In ihrem Film JE VEUX VOIR (Ich will sehen) lassen sie die Kino-Ikone Catherine Deneuve zusammen mit dem libanesischen Performancekünstler Rabih Mroué durch das kriegsverwüstete Land reisen, um herauszufinden, „was das Kino an diesem Ort bewirken kann”. Die Fiktion fließt in die Realität ein, Kategorien von Wahrheit und Wirklichkeit kommen durcheinander. Was zu ‚sehen’ ist, verweigert einer eindeutigen Interpretation. Der Film gibt dem Zuschauer Zeit und Raum, über die Bilder nachzudenken und eine Art visuelle Empathie gegenüber den verlassenen Orten und Ruinen zu entwickeln. 

Auch Simon El Habres Dokumentarfilm THE ONE MAN VILLAGE ist ein sensibles Porträt des heutigen Libanon. Im Mittelpunkt steht ein Mann, der als einziger in sein kleines Dorf zurückkehrt, das während des Bürgerkrieges zerstört und entvölkert wurde. Mit dem unbedingten Willen, ein normales Bauernleben zu führen, haust er allein in seinem Geisterdorf. Anhand dieses modernen Eremiten fällt der Blick auf die Spuren, die der Krieg in dem Land und seinen Bewohnern hinterlassen hat. 

Beide Filme heben sich entschieden von den bekannten Bildern des Nahen Ostens ab. Den traumatischen Ereignissen des Bürgerkrieges begegnen sie mit traumartigen Bildern, die durch die Leere der Orte und Landschaften hindurch die Abwesenheit und das Vergessen thematisieren.
Neriman Bayram 

JE VEUX VOIR
(Baddi Chouf)

Joana Hadjithomas, Khalil Joreige
Frankreich | 35 mm, OmeU
Juli 2006: Kriegsausbruch im Libanon. Ein neuer Krieg, weit mehr als ’nur’ ein weiterer Krieg. Ein Krieg, der die Friedenshoffnung und den Elan unserer Generation zerschmettert. Nach diesem unglaublich gewaltsamen … mehr

KNOWLEDGE IS THE BEGINNING

Paul Smaczny
Deutschland 2005 | 114 Min. | DigiBeta, OmU
Daniel Barenboim und das West-Eastern Divan Orchestra  Der Musiker Daniel Barenboim und der palästinensische Literaturwissenschaftler Edward Said verfolgen zusammen die Utopie eines friedlichen Miteinanders im Nahen Osten. Sie gründeten 1999 … mehr

SALT OF THE SEA
(Milh hadha al-bahr)

Annemarie Jacir
Palästina 2008 | 109 Min. | DigiBeta, OmeU
Die 28-jährige Soraya reist von Brooklyn, wo sie aufgewachsen ist, zum ersten Mal in die Heimat ihrer Vorfahren, nach Palästina. Bei ihrer Ankunft ist Soraya noch voller Zuversicht, doch nach … mehr

THE ONE MAN VILLAGE
(Semaan Bil Day'ia )

Simon El Habre
Libanon 2008 | 86 Min. | BetaSP, OmeU
Semaan El Habre, Onkel des Filmemachers, ist der einzige Bewohner des Dorfes Ain El-Halazoun. Der libanesische Bürgerkrieg zwang die Dorfbevölkerung 1982 zur Flucht und hatte die Zerstörung ihrer Häuser zur … mehr