Kolonialistische Denkweisen

Mit einem Klassiker des ethnografischen Films von 1930 beginnen wir die dreiteilige Themenreihe, die der Frage der Kontinuität kolonialistischer Denkweisen im Film nachgeht. Dabei ist den Filmschaffenden des ersten Films, Gulla Pfeffer und ihrem Kameramann Friedrich Dalsheim, die in einem Dorf in Togo drehten, in keiner Weise der Vorwurf eurozentristischer Sichtweisen vorzuwerfen, im Gegenteil. MENSCHEN IM BUSCH ist vermutlich der erste deutsche Film über fremde Kulturen, der konsequent die Perspektive der Gefilmten einnimmt. Eingeführt wird der Film aber seltsamerweise von Herzog Adolf Friedrich zu Mecklenburg, dem ehemaligen Gouverneur der deutschen Kolonie Togo. Wie kam es dazu? Bekannt wurde Adolf Friedrich durch seine frühen Afrikaexpeditionen zwischen 1907 und 1911, die ihm die Ehrenmitgliedschaft der Berliner Gesellschaft für Anthropologie einbrachten. Nach dem ersten Weltkrieg wurde er Vizepräsident der Deutschen Kolonialgesellschaft und gehörte zum Vorstand der 1917 gegründeten deutschen Kolonialfilm GmbH. Der Frage, wie seine rassistisch konnotierte Einführung in den Film gefunden hat, wollen wir versuchen nachzugehen.

Aus dem Nachlass des Schweizer Filmemachers René Gardi montiert Mischa Hedinger seinen Film AFRICAN MIRROR (2019). Wir springen ans Ende der 50er Jahre. Über fünf Jahrzehnte prägte Gardi das Afrikabild im Westen (DIE LETZTEN KARAWANEN, Filmforum 1987). In unzähligen Büchern, mit Sendungen im Deutschen und Schweizer Fernsehen sowie Kinofilmen schwärmte er von den schönen nackten Wilden und der vormodernen Zeit, in der sie angeblich lebten. Bei der Premiere in Berlin löste AFRICAN MIRROR heftige, geteilte Reaktionen beim Publikum aus. Während einerseits Hedingers Montage als Kritik am kolonialistischen Tenor dieser Abenteuerberichte verstanden wird, sehen andere - weil der Film auf eine Kommentierung vollkommen verzichtet - darin nur die erneute Reproduktion rassistischer Denkmuster. Eine spannende Diskussion über einen Blick in den Spiegel, der sich ändert, je nachdem, wer hineinschaut.

CRACKS IN THE MASK (1997) von Frances Calvert, ist die Reise eines Ehepaares von Torres Strait Islands durch europäische Museen auf der Suche nach Masken, von denen keine einzige mehr in ihrem Ursprungsland zu finden ist. 99 Objekte entdecken sie allein in der Sammlung des Museums in Glasgow. Die vorsichtige Anfrage, ob nicht wenigstens einige von ihnen zurückgeführt werden könnten, erwies sich schnell als naiv. Während aktuell die Frage der Provenienz musealer Artefakte aus kolonialer Vergangenheit und ihre Restitution aufgeworfen wird, bleibt die grundsätzliche Diskussion um den Sinn des Verbleibs der Objekte unangetastet. Die Frage des Verhältnisses zu rituellen Gegenständen, ihrer spirituellen Bedeutung, Geschichte und Identität bleibt unberührt. (Mike Schlömer)

African Mirror

Mischa Hedinger
Schweiz 2019 | 84 Min. | OmeU
Fr, 31.05.2019 13:30
So, 02.06.2019 14:00
Der Schweizer Filmemacher und Reiseschriftsteller René Gardi (1909-2000) erklärte uns über Jahrzehnte hinweg den afrikanischen Kontinent und seine Bewohner*innen. In Büchern, Fernsehsendungen und Filmen schwärmte er von den schönen nackten … mehr

Cracks in the Mask

Frances Calvert
Australien, Deutschland, Schweiz 1997 | 57 Min. | OmeU
So, 02.06.2019 10:30
Vor mehr als 100 Jahren waren die Bewohner*innen der Torres Strait Inseln nördlich von Australien das Ziel zahlreicher anthropologischer Forschungsreisen. In Folge dessen verschwanden zahlreiche kulturelle Objekte und hinterließen eine … mehr

Menschen im Busch

Friedrich Dalsheim, Gulla Pfeffer
Deutschland 1930 | 64 Min. | OmeU
Do, 30.05.2019 10:00
Alltag und Arbeit in einem afrikanischen Dorf: Scheinbar unberührt von kolonialen Einflüssen, ist das Leben seiner Bewohner*innen ganz auf Selbstversorgung ausgerichtet. Gefunden haben diesen Ort die Ethnologin Gulla Pfeffer und … mehr