GLORIOUS EXIT

Unerwartet erreicht Jarreth Merz die Nachricht vom Tod seines nigerianischen Vaters. Die Eltern des in Los Angeles lebenden Theaterschauspielers lernten sich in Nigeria kennen. Doch schon bald kehrte die deutsche Mutter in ihre Heimat zurück und Jarreth wuchs mit seinem acht Jahre jüngeren Halbbruder Kevin in der Schweiz auf. Nur dreimal sah Jarreth seinen Vater vor dessen Tod. Dennoch verlangt die nigerianische Tradition, dass er als ältester Sohn die Beerdigung des Häuptlings organisiert. So reist Jarreth in Begleitung seines mit der Handkamera filmenden Halbbruders in das Land seiner Väter, um sich dieser verantwortungsvollen Aufgabe zu stellen. Unter der Anleitung der nigerianischen Familie lernt Jarreth nicht nur wie man einen Häuptlingsstab hält, sondern vor allem welche irdischen und überirdischen Gemüter besänftigt werden müssen, um dem Verstorbenen und den Hinterbliebenen einen würdevollen Abschied zu bereiten. Was aber, wenn der Clan der Mutter mit dem Boykott der Feierlichkeiten droht, da die Kuh, die Jarreth bezahlt hat, kein angemessenes Geschenk darstellt? Was, wenn das Begräbnis mit all seinen Riten und Regeln die Familie in den finanziellen Ruin treibt? Ein Drahtseilakt beginnt zwischen Respekt gegenüber traditionellen Riten und dem Unwillen, sich für scheinbar willkürliche Entscheidungen instrumentalisieren zu lassen. 

Kevin Merz, 31, ist in Thalwil, Schweiz, aufgewachsen. Sein Vater stammt aus Ghana. Besuch der Fotoschule in Mailand. Er arbeitete in Zürich, Berlin, Ghana und Los Angeles. GLORIOUS EXIT ist sein erster langer Dokumentarfilm. Festivals: Locarno 2008, Accra (Ghana) 2008, Cinéma du réel, Paris 2008. 

Tides of the Delta: the Saga of Ozidi

Dieser Film basiert auf den Forschungen des nigerianischen Poeten J. Pepper Clark. Gezeigt werden die wichtigsten Abschnitte eines siebentägigen Ritualdramas, das in einem kleinen Ijaw-Dorf am Ufer des Forcado-Flusses im Niger-Delta des südöstlichen Nigeria aufgeführt wird.

Die Aufführung eines jeden Tages wird damit begonnen, daß ein in Gedichtform sprechender Erzähler mit sieben Jungfrauen an das Ufer des Flußes geht, um dort den Wassergeistern Gebete und Opfer darzubieten. Damit soll erreicht werden, daß die dramatischen Aufführungen dem guten Verhältnis zwischen der Dorfgemeinschaft und ihren Schutzgottheiten dienen. Die Aufführung selbst wird durch einen Erzähler zusammengehalten, der zeitweise auch als Protagonist in die Handlung eingreift. Unterstützt wird er durch ein Trommelorchester von Männern, einem Frauenchor und einer Tanzgruppe. Die dramatische Geschichte erzählt von einer uralten Rivalität zweier Brüder, die sich um die Frage der Vorherrschaft rankt. Die Handlung stellt die Beziehung zu den verstorbenen Ahnen wieder her. Es wird geglaubt, daß die Ahnen von den Schauspielern Besitz ergreifen, sodaß sich die Ahnen gegenüberstehen. (Festival Katalog 1987)

Kwagh Hir: Tiv Traditional Theatre

Das Volk der Tiv lebt im mittleren Nordosten Nigerias. Das ‘Kwagh-hir’ ist eine bestimmte Form des in Szene gesetzten Geschichten-Erzählens. Zum Theater gehören eine Musikgruppe, ein Chor und eine Tanzgruppe; diese greifen die von einem Zeremonienmeister vorgetragenen Geschichten auf, die in Form von raffinierten Puppentheatern und grandiosen Maskeraden umgesetzt werden. Die Tiver gelangen so zu neuen Ausdrucksformen, mittels derer sie die neuen Elemente in ihrem Leben zum Ausdruck bringen. Sie haben die Themen ihrer traditionellen Erzählungen, die sich um den Hasen ‘Alom’ drehen, mit dramatischen Maskenfiguren zusammengebracht, die die Alten bei ihren nächtlichen Geheimtreffen zum Auftritt brachten.

Das ‘Kwagh-hir’ wird während der Trockenzeit auf den Dorfplätzen aufgeführt und zieht viele Zuschauer an, die sich diese die ganze Nacht andauernden Darbietungen mit ihrem faszinierenden und schöpferischen Können ansehen.

Zeitweise war das ‘Kwag-hir’ von der nigerianischen Militärregierung verboten worden, da die Aufführungen auch auf die aktuellen Ereignisse Bezug nahmen und die Herrschenden in karikierender Weise darstellten. (Festival Katalog 1987)