Das Land der wandernden Seelen

1999 finden in ganz Kambodscha, von der thailändischen bis zur vietnamesischen Grenze, die Arbeiten für die Verlegung der ersten Glasfaserkabel in Südostasien statt. Bei diesem Vorhaben finden viele Kambodschaner erstmals Arbeit. Mit einfachen Hacken heben Männer, Frauen, mittellose Bauern und Familien sowie ausgemusterte Soldaten den Graben für die Einrichtung eines Informations-Highways aus, der den Anschluss des Landes an die Weltwirtschaft ermöglichen soll. Der Regisseur Rithy Panh begleitet einige dieser Wanderarbeiter. Da sie pro Meter bezahlt werden, arbeiten sie pausenlos – Tag und Nacht. Szenen körperlicher Arbeit wechseln ab mit Gesprächen über den Alltag auf der Baustelle und das vom Krieg geprägte Schicksal der Menschen. Die ausgegrabenen Blindgänger und Skelette liefern den Anlass für diese Gespräche und zwingen die Menschen, sich mit ihrer Vergangenheit, ihren Ängsten und Erinnerungen auseinander zu setzen. Nur dann können sie Trauerarbeit leisten und ihre Identität als Kambodschaner wiederfinden. Unter dem PolPot Regime, erklärt der Regisseur Rithy Panh, wurde man hingerichtet, wenn man traditionelle Liebeslieder sang. In einer Sequenz des Films singt ein Mann bei der Abendwache: »Das Volk erlangt seine Stimme zurück!« und genau dieser Prozess der Wiederaneignung der Tradition fasziniert den Filmemacher.

Rithy Panh, geb. 1964 in Pnom Penh. Mit 15 Jahren gelingt ihm die Flucht aus einem Umerziehungslager der Roten Khmer nach Frankreich. Ab 1985 studiert er Film am IDHEC in Paris. Seit 1988 dreht er Dokumentar- und Spielfilme vor allem über Kambodscha, u.a.: LA PASSÉ IMPARFAIT (1988), NEAK SRÊ / DAS REISFELD (1994); UN SOIR APRÈS LA GUERRE / EIN ABEND NACH DEM KRIEG (1998).