THE NETSILIK ESKIMO SERIES

Mit der Filmserie über die Netsilik Eskimo in Kanada wurde in den 60er und 70er Jahren ein groß angelegtes Filmprojekt realisiert: Es galt das Leben einer Inuit-Gesellschaft möglichst geschlossen und unabhängig von Akkulturationserscheinungen als Lehrmaterial für den Einsatz an Schulen filmisch darzustellen Für die Arbeit an dem Filmprojekt wurden teilweise Szenen rekonstruiert. 1978 wurde die Serie mit insgesamt 21 Filmen abgeschlossen. Heute gilt die Netsilik-Serie ais eine der bekanntesten Dokumente über die Inuit, zuletzt auch deshalb, weil sie über das Fernsehen eine weltweite Verbreitung gefunden hat. Drei Filme sollen hier beispielhaft Einblick die Arbeitsweise des Ethnologen Äsen Balikci und des Regisseurs Quentin Brown geben.

THE NETSILIK ESKIMO TODAY (18 Min.)
Mehr als zehn Jahre nach den Dreharbeiten (1963-65), sucht das Filmteam noch einmal die Netsilik auf.

AT THE AUTUMN RIVER CAMP Teil I (26 Min.)
Es ist später Herbst und die Inuit fahren mit ihren Schlitten durch den niedrigen Schnee. Am Ufer des Flusses konstruieren sie “Karmaks” - Behausungen mit Schneewänden und einem Dach aus Häuten. Die Männer bauen Spielzeug für die Kinder aus dem Kieferknochen eines Karibus und fischen mit ihren Speeren im Eismeer. Die Frauen sammeln Moosflechten als Brennmaterial für das Feuer in dem der Fisch später zubereitet wird. Die Familie ißt zusammen in dem Karmak.

AT THE AUTUMN RIVER CAMP Teil II (33 Min.)
Die Männer bauen einen Iglu aus Eis und anschließend wird der Hausrat in der neuen Behausung verstaut. Sie beginnen mit dem komplizierten Zusammenbau eines Schlittens. Dazu verwenden sie Zelthäute, gefrorene Fische, Karibu-Geweihstangen und Lederriemen aus Seehundhaut. Unterdessen nähen die Frauen einen Parka aus Karibuhäuten zusammen. Als der Schlitten fertiggestellt ist, wird er beladen und die Familie bricht flußabwärts zur Küste auf.

Asen Balikci ist Ethnologe und Filmemacher. Er lehrt an der University of Montreal in Kanada als Professor für ‘Social Anthropology’, gleichzeitig ist er Chairman der IUAES, der ‘International Commission for Visual Anthropology’. Er ist bulgarischer Herkunft, vollzog seine Schulausbildung in der Schweiz und studierte in den USA. Neben seinen Feldaufenthalten in der Arktis, forschte Balikci auch in Afghanistan, Äthiopien und Bulgarien.

AT THE WINTER SEA ICE CAMP

Die Arbeit an einem großen Gemeinschaftsiglu beginnt. Alle beteiligen sich an den Bauarbeiten; eine/r schneidet, eine/r trägt, eine/r baut, und so weiter. Die Kinder ahmen das nach. Frauen türmen Schnee auf den Iglu. Schaufel für Schaufel schleudern sie ihn hoch. Eisscheiben werden eingesetzt für das Licht. Die Männer wenden sich wieder dem Robbenfang zu, und die Frauen ihren Aufgaben oder dem Spiel. Im weitläufigen Wohnbereich des Iglus sind die Tätigkeiten problemlos zu sehen. Ein kleines Kind benutzt, selbstverständlich wie jede/r andere Erwachsene, das scharfe Schneidegerät (‚Ulu‘), um Fleisch und Fisch mundgerecht zu schneiden. Ein Spiel, der Blinden-Bluff, beginnt zwischen Müttern und Kindern. Danach folgt ein Speer-Spiel, bei dem ein knüppelartiger Pflock aufgehängt wird und die Spielenden mit etwa stockartigen Speeren versuchen, das Loch im sich drehenden Pflock zu treffen. Nun wird Fisch geschnitten. In der blauen Dämmerung raucht der Schnee über dem Eis, und die Männer kehren zurück. Ein Mann schleift eine Robbe herein; eine Frau leckt am Eis und tröpfelt Wasser in den Mund eines toten Tieres. Danach wird das Fleisch zerlegt, und jede Frau trägt etwas davon in Taschen aus Robbenfell weg. Die Hunde kommen herein, um alles wegzuputzen, danach probieren die Männer ihre Kräftespiele. 

AT THE WINTER SEA ICE CAMP

Am Morgen legen die Frauen die Felle auf den Iglus aus, um sie zu lüften. Die Kinder spielen, indem sie einen Fellball mit einem knöchernen Schläger schlagen. Die Männer warten geduldig auf Anzeichen auf Robben, und die Frauen spielen mit den Babys, nähen, reparieren die Iglus, stillen; eine alte Frau wiegt sich beim Singen. Eine Frau zeigt einem älteren Mädchen, wie Fell zu Kleidung zugeschnitten wird. Dann kommen die Robben an, gezogen von den Jägern. Die Frauen arbeiten wieder mit den Robbenfellen, zwischendurch essen sie und reichen das Messer weiter bei Bedarf. Die Männer kommen mit ihrem Fang herein, und bald sind alle drinnen.

AT THE WINTER SEA ICE CAMP

Im späten Winter, bei harter Kälte, freuen sich die Menschen und Hunde, den Treck zu beenden und ein Lager aufzuschlagen. In der blauen Dämmerung sondieren die Männer den Schnee, dann stellen sie Wandblöcke her, während die Frauen einen Lagerplatz freischaufeln. Bald sind alle unter einer schützenden Decke und schlafen im schwankenden Licht der Steinlampe. Die Atemluft steigt kalt auf. Bei Tageslicht prüfen und polieren die Männer ihre Speere, spannen die Hunde an den Schlitten und setzen sich auf dem Eismeer in Bewegung. Jeder sucht, mit ein bis zwei Hunden, die weiße Wüste nach der Witterungsspur aus dem Luftloch einer Robbe ab. Wenn ein Hund am Schnee schnüffelt, sucht der Mann nach einer Höhlung und, falls er eine findet, lässt er ein einzelnes verschlungenes Haar hinein hängen , das anzeigen soll, wenn die Robbe aufsteigt, um zu atmen. Reglos wartet er, um den Schlag auszuführen. Er tötet sie, und die anderen kommen, um die warme Leber des Fangs zu probieren. Wenn dann die Nacht kommt, geht die Wache weiter. 

At the Winter Sea Ice Camp (Teil 1-3)

Spätwinter, Bau eines Iglus, Jagd auf Robben auf dem zugefrorenen Meer: Hunde spüren die Atemlöcher auf, bewegungslos wartet der Jäger bis die Robbe kommt, um Atem zu holen… Eine Frau unterweist ein Mädchen in der Zubereitung eines Fells, aus dem ein Anorak werden soll. Die NETSILIK-ESKIMO Serie ist wohl der umfangreichste und aufwendigste Versuch der filmischen Rekonstruktion einer Kultur.
(Festival Katalog 1985)